Luftschutzbunker im Arne-Carlsson-Park

Marie Amenitsch Vom 09.03.2019
Erlebt die Zeitgeschichte Wiens hautnah!
luftschutzbunker arne-carlsson-park

Um zu verstehen, wer wir heute sind, ist es von Zeit zu Zeit unabdingbar, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ganz nach diesem Motto haben wir einen ehemaligen Luftschutzbunker des Zweiten Weltkriegs besucht, waren schlagartig mit der Vergangenheit der Stadt konfrontiert und die Gräuel des Weltkrieges haben uns frösteln lassen.

Taucht ein in Wiens Vergangenheit

Mitten im Arne-Carlsson-Park im 9. Bezirk, an der Kreuzung Spitalgasse/Währinger Straße, wo wir mit Bim oder zu Fuß ständig vorbeilaufen, im Sommer die Sonne genießen oder vielleicht am Sportplatz toben, befindet sich ein eindrucksvolles Zeitzeugnis aus dem Wien des Zweiten Weltkrieges. Nie würde man erahnen, dass sich hinter bzw. unter den durch zahlreiche Graffiti verzierten Betonwänden ein Luftschutzbunker befindet.

Das Schutzgebäude wurde 1940 errichtet und sollte rund 300 Personen in 40 kleinen Kammern Schutz bieten. De facto befanden sich während der Bombenangriffe auf Wien dann mehr als 700 Menschen im Bunker.

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Der Bunker ist von außen mit zahlreichen Graffiti gestaltet  (c) 1000things | Marie Amenitsch

„Viel zu viele Menschen auf viel zu wenig Platz!“

Das war einer der ersten Gedanken, den wir beim Betreten des engen und kalten Bunkers hegten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass lediglich über zwei Luftschleusen Frischluft in die unterirdischen Kammern gelangte, während rundherum Bomben auf die Stadt geworfen wurden und alles in Brand stand.

Dass der Bunker heute überhaupt besichtigt werden kann, verdanken wir dem Umstand, dass im Jahr 2015 vom Bezirksmuseum Alsergrund und dem Erich Fried-Gymnasium im „Erinnerungsbunker“ eine bewegende Dauerausstellung eingerichtet wurde. Diese fungiert als „Befreiungsmuseum“ und kann im Zuge einer rund einstündigen Führung besichtigt werden. Die einzelnen Kammern des Bunkers wurden zu Schauräumen gestaltet. Sie widmen sich unterschiedlichen Themenschwerpunkten und stellen einen Querschnitt der Jahre 1918 bis zur Befreiung Wiens im April 1945 dar.

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Der Hauptgang im Befreiungsmuseum (c) 1000things | Marie Amenitsch

Geschichte zum Angreifen an Originalschauplätzen

Wiens Geschichte kann im Bunker so hautnah erlebt werden, da dieser für die Gestaltung des Befreiungsmuseums nur minimal verändert wurde. So wurden lediglich Beleuchtungen installiert und notwendige baufällige Maßnahmen umgesetzt. Es ist auch heute noch feucht, dunkel, eiskalt und eng. Die fluoreszierende Farbe an den Wänden, die in der Dunkelheit Orientierung bot und den Weg zum Erste-Hilfe-Raum markierte, ist noch heute vorhanden. Ebenso wie die Toiletten und Kurbeln zur Luftzufuhr. Welche immense Kraft es benötigte, um die Luftzufuhr aufrechtzuerhalten, kann man selbst versuchen und versteht schnell, warum hier Männer bis zur Erschöpfung kurbelten. Denn nur die kleinste Pause bedeutete einen Stopp der Frischluftzufuhr.

Im Zuge der Führung – die von SchülerInnen des Erich Fried Gymnasiums angeboten werden – besichtigt man die einzelnen „Denk-Räume“, erfährt berührende Geschichten von Zeitzeugen aus dem Bunker und lernt das Wien des Zweiten Weltkriegs besser kennen. Thematisch umfassen diese ein Spektrum von Propaganda, Anschluss, Holocaust, Austrofaschismus, Hitler, Widerstand, Zerstörung des Alsergundes bis hin zur Befreiung Wiens im Jahr 1945. Durch Fotografien, Filme, Originaldokumente und Bodenfunde wird die Zeit des Zweiten Weltkrieges wieder lebendig und viele Zusammenhänge und Geschehnisse werden wirklich greifbar gemacht.

Luftschutzbunker im Arne Carlsson Park
Im Holocaust Gedenkraum wird die Vernichtung der Juden durch zahlreiche Spiegel symbolisiert (c) 1000things | Marie Amenitsch

Nach gut einer Stunde Reise in Wiens Vergangenheit und Besichtigung des Bunkers fröstelt es uns nicht nur aufgrund der eisigen Temperaturen. Viel mehr ist es das Erlebte und Gesehene, das uns mehr als einmal tiefbewegt schlucken lässt. Am Ende der Führung wieder der Sonne entgegenzublicken und dem Kinderlachen vom Spielplatz im Arne-Carlsson-Park zu lauschen, wirkt fast schon etwas irreal.

1000things Fazit: Einmal mehr ist uns klar geworden, dass egal wie oft man sich mit dem Themenkomplex Zweiter Weltkrieg beschäftigt, wie viele Dokus und Spielfilme man sieht, man erst an einem Originalschauplatz des damaligen Gräuels das gesamte Ausmaß des Krieges erahnen kann. Wir empfehlen einen Besuch im Befreiungsmuseum allen, die sich mit der Zeitgeschichte Wiens befassen möchten und versucht sind, die Auslöser, Vorboten und Zusammenhänge des Zweiten Weltkriegs zu begreifen.

In unserem Beitrag über Wiener Geheimnisse und entlegene Orte in Wien warten weitere spannende Erkundungen auf euch.

(c) Beitragsild | Marie Amenitsch | 1000things

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