Stadtkind vs. Landkind: Wie sich unsere Hochzeiten unterscheiden

Viktoria Klimpfinger Vom 16.05.2019
Unsere Redaktion ist so vielfältig wie sie wunderschön ist – das haben objektive, unabhängige Studien ergeben. Daher tummeln sich in der Wiener Burggasse sowohl eingeborene Stadt- als auch „zuagraste“ Landkinder. Und die sind sich nicht immer einig. Weil wir gerne zündeln, fachen wir den Stadt-Land-Battle in dieser Kolumne mit vollem Bewusstsein an. Dieses Mal diskutieren das Stadtkind und das Landkind darüber, wie sich Hochzeiten auf dem Land und in der Stadt unterscheiden.
Hochzeit in Österreich

Frühling is‘ und überall wird geheiratet. Ob Stadt, ob Land, ob kirchlich oder standesamtlich – blühen die Blumen, blühen auch die Herzen. Hach. Und so schnell kann man gar nicht schauen, ist das schnulzromantische Spektakel schon in endloses Suffgelage und Zwangsbespaßung ausgeartet. Aber abgesehen davon – worin unterscheiden sich Hochzeiten auf dem Land und in der Stadt eigentlich? Oder sind sie vielleicht gar nicht so verschieden? Stadtkind und Landkind diskutieren wieder einmal.

JULIA, DAS LANDKIND

„Bist heirat’st, is‘ wieda guat“ – wie oft habe ich diesen Satz schon gehört. Was früher noch schales Versprechen war, lösen in meinem Bekanntenkreis seit Jahren viele bereitwillig ein und heiraten, was das Zeug hält. Daher wird es wieder mal Zeit, mein liebes Stadtkind, dass wir uns einem typischen Landthema widmen, dem Heiraten. Denn wenn wir Landmenschen etwas können, dann ist es heiraten.

Die Braut traut sich bei uns grundsätzlich in einem Kleid von einem ganz bestimmten Brautmoden-Geschäft, das das einzige im Umkreis von 200 Kilometern ist. Dieses Kleid beinhaltet meistens ein Korsette mit einer roten oder violetten Schleife – ein modisches Statement, dem Karl Lagerfeld vermutlich aus dem Grab heraus widersprechen würde, wenn er könnte. Aber gut, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Die Hochzeitsfeier wird meistens in unserem Landgasthaus ausgerichtet, das vor allem mit seinen dunklen Möbeln für eher erdrückenden anstatt liebevollen Flair sorgt. Die örtliche Blaskapelle spielt schon bei der Agape auf nach der kirchlichen Trauung (die in einer katholischen Gemeinde unumgänglich ist). Während der Agape fließt der Wein in Strömen und die ersten Gäste werden schon laut und beduselt.

Zünftige Klänge und Brauchtumspflege

Bevor die Hochzeitsgesellschaft das Landgasthaus erreicht, gratuliert gefühlt der ganze Ort, samt Feuerwehr, Turn- oder Musikverein. Die musikalische Untermalung übernimmt die einzige Hochzeitsband der Umgebung, deren Repertoire mit Hits der Edelseer, DJ Ötzi oder Andreas Gabalier gespickt ist. Solche, nennen wir sie mal wohlwollend zünftige Klänge begleiten dann später auch den ersten Tanz des Brautpaares. Davor haben wir uns mit deftig österreichischer Küche vom Buffet vollgestopft.

Doch es wäre nicht eine klassische Landhochzeit, würden sich nicht allerhand Bräuche und Spiele durch die Feierlichkeiten ziehen: vom Baumstammsägen bis hin zum blinden Ertasten des Unterschenkels des Bräutigams – um Sinn geht’s offensichtlich weniger als um den Spaß an der Gaude. Den Höhepunkt des verspielten Treibens stellt schließlich die „Entführung“ der Braut dar. Keine Sorge, wir veranstalten natürlich keine großflächige Fahndung. Sondern das „Braut-Verzahn“ ist eher willkommene Ausrede, um sich ins nächste siffige Beisl zu verziehen und dort die Hochzeit auf Rechnung der Trauzeugen flüssig ausklingen zu lassen. Wie ist das eigentlich bei euch, liebes Stadtkind?

VIKI, DAS STADTKIND

Natürlich wird auch in der Stadt fleißig geheiratet – besonders im Frühling spürt man die Frühlingsverliebtheit ja überall. Aber zumindest in meinem Freundeskreis haben sich die Pärchen damit doch einige Zeit gelassen und sich nicht nach Schul- oder Lehrabschluss gleich in die nächste Verpflichtung gestürzt. Mittlerweile mit Mitte 20 bekomme aber auch ich die eine oder andere Hochzeitseinladung, die mich immer wieder penetrant daran erinnert, dass wir uns offenbar allesamt im berühmt-berüchtigten heiratsfähigen Alter befinden.

Was Hochzeiten angeht, bin ich also eher unkundiger Zaungast. Von der Handvoll, auf denen ich bisher war, zu urteilen, kann ich aber Folgendes sagen: Alkohol, peinliche Reden und halblustige Brautspiele gehören auch bei einer Stadthochzeit quasi zum guten Ton. Das ist wahrscheinlich die universale Grundausstattung eines jeden größeren Gelages. Welche Bräuche und Traditionen man sonst noch so ausgräbt, ist aber von Paar zu Paar sehr verschieden.

Instagramtauglicher Look und Party am Dancefloor

Was mir aber bei den meisten Hochzeiten auffällt – und sich wahrscheinlich nicht unbedingt auf die Stadt allein beschränkt – ist eine bestimmte Ästhetik. Egal ob Vintage-Hochzeit mit Lichterketten im grünen Schlosspark oder Industrial-Schick in einer alten Fabrik, meistens ist das Ganze schon ziemlich instagramtauglich – wahrscheinlich mehr als das aus der Zeit gefallene Landgasthaus. Kommt ja auch nicht von ungefähr, lassen sich doch viele Hochzeitsleute gerne auf Instagram inspirieren. Meistens geht es dabei um eine gewisse Mischung aus Lässigkeit und Nostalgie, die sich bis zum elfenhaften Brautkleid zeigt. Was auf solchen Hochzeiten natürlich nie fehlt, ist die obligatorische Foto-Booth mit lustigen Faschingsaccessoires, um die gesunkene Schamgrenze auch wirklich bildgewaltig ins Hochzeitsalbum einzuschreiben. Oder zumindest ein mit einer Polaroid-Kamera ausgestatteter Hobbyfotograf.

Die Musi, die die Städterinnen und Städter auf ihrer Feier aufspielen, ist zwar genau wie die Feier selbst ziemlich unterschiedlich. Blaskapellen, wie sie ja am Land oft üblich sind, begleiten das Hochzeitspaar aber eher selten. Dafür legen überwiegend DJs ihre Tracks oder die Lieblingstracks des Brautpaares auf – zum allgemeinen Verhängnis auch den einen oder anderen Guilty-Pleasure-Song des Brautpaares, der gerne zu späterer, illuminierterer Stunde übers Parkett fegt wie „Hit Me Baby One More Time“. Aber ob Britney oder Blaskapelle – einen gemeinsamen Nenner haben ausnahmslos alle Hochzeiten, egal ob Stadt oder Land: Hauptsoch‘ g’feiert wird!

Ihr wollt noch mehr von Stadt- und Landkind? Ein anderes Mal haben sie über das Grüßen auf der Straße diskutiert. Oder ihr lest euch durch, warum es das Landkind stört, dass das Stadtkind immer „ur“ sagt. 

(c) Beitragsbild | Josh Applegate | Unsplash