Unser Senf: Warum verglaste Badezimmer in Hotels einfach nicht leiwand sind

Viktoria Klimpfinger Vom 16.07.2020

Weil ein bisschen Würze im Leben nie schaden kann, geben wir euch mit dieser Kolumne regelmäßig unseren Senf dazu: Wir erzählen euch, was uns beschäftigt, was uns nervt und was uns zum hysterischen Lachen bringt. Eure Käsekrainer könnt ihr zwar nicht darin eintunken, aber dafür ist unser Senf auch gratis. Dieses Mal ärgert sich unsere Redakteurin über vollverglaste Badezimmer in Hotels.

Badezimmer verglast Hotel

Wer miteinander reisen kann, kann miteinander leben. Manche Bekanntschaften hat der gemeinsame Urlaub erst richtig gefestigt, andere langjährige Freundschaften hat er in ihren Grundfesten erschüttert. Ist man den ganzen Urlaub über im Entspannungsimperativ aneinandergekettet, lernt man sich zwangsläufig kennen. So richtig. Im Gesamtpaket. Schnarchen, eskalatives Verhalten am Frühstücksbuffet und divergierende Wandertempi inklusive. Wer seinem Partner, seiner Partnerin jetzt verliebt ins Ohr säuselt: „Ich liebe alles an dir, Schnuckiputzi“, der war mit seinem Hasenfürzchen wahrscheinlich noch nie auf Sommerfrische.

Und als wäre gemeinsam Reisen in manchen Konstellationen nicht schon herausfordernd genug, spukt seit einigen Jahren auch noch der FKK-Strand unter den Einrichtungstrends durch so manche Hotelzimmer: gänzlich verglaste Badezimmer, am besten noch mit Schiebetüren, damit man auch wirklich jedes kleinste Geräusch mitbekommt, das der Urlaubsbegleitung bei der Morgentoilette entfleucht. Ups! Das war nicht ich, das war das Duschgel. (Ja, klar.)

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Thank you for oversharing

In immer mehr Hotelzimmern, vornehmlich in jenen, die besonders mondän daherkommen wollen, gibt es sie, die einsehbaren Badezimmer, die garantieren, dass man nichts, aber auch wirklich gar nichts mehr der Fantasie überlassen muss. Manchmal sind die Glasscheiben gnädiger Weise so verziert, dass man gerade noch etwas durchblitzen sieht – war das ein dritter Nippel oder doch ein Leberfleck? Da ist sie ja doch wieder, die Vorstellungskraft. Manchmal kann man versuchen, sich mit viel zu lose gereihten Alibi-Lamellen etwas Privatsphäre zurückzuergattern. Und schon klaffen einen die Leerstellen dieser Pseudo-Sichtschutze an, dieser Vorhänge mit miesem Arbeitsethos, als wäre man der erste Mensch, der im Badezimmer gerne alleine wäre. In einer Zeit, in der wir online ständig alles mit allen teilen, muss man doch nicht auch noch am stillen Örtchen oversharen.

Manches macht man lieber alleine

Jetzt orten bestimmt schon wieder die ersten Verklemmung und rufen: „Mach dich locker!“ Aber anders als beim gemeinsamen Baden – ein offenbar wahnsinnig sinnliches Paar-Ritual, das ich persönlich einfach nicht begreife –, geht es in Klo und Bad nicht immer nur um eine Leistungsschau in Sachen Lockerheit. Das Badezimmer ist nun einmal nicht nur der Ort, an dem wir romantische Schaumbäder nehmen und uns lasziv im Spiegel anzwinkern, sondern es ist vor allem der Ort, an dem wir uns mit schmerzverzerrtem Gesicht Pickel ausdrücken, uns in unwürdigen Verrenkungen so manche Körperstelle enthaaren, in der Dusche ausrutschen und uns auf Tinder rumtreiben, während wir auf dem Porzellan der Natur ihren Lauf lassen. Klingt alles nicht besonders sexy und ist es auch nicht. Warum das Spektakel menschlicher Notdürftigkeiten also auch noch anderen aufs Aug‘ drücken?

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Sanitäre Peepshow

Und mit diesen anderen sind natürlich nicht zwangsläufig unsere besseren – und nach diesen intimen Einblicken wahrscheinlich leicht betretenen – Hälften gemeint. Klar, in einer Partnerschaft kann man es noch am ehesten verkraften, einen unabsichtlichen Blick darauf zu erhaschen, wie der Lieblingsmensch genüsslich in die Haarbürste rappt und dabei mit dem Badetuch Stellen rubbelt, an die sich selbst die Sonne nicht recht rantraut. Mit der besten Freundin, dem besten Freund fällt das Ganze wahrscheinlich auch noch unter skurrile Erfahrungen, die zusammenschweißen. Aber sich auf einem Businesstrip mit Kolleg*innen oder gar dem*der Chef*in ein Zimmer teilen zu müssen, ist schon per se etwas strapaziös. Dann auch noch unversehens Blickkontakt zu haben, wenn die eine Person Zähne putzt, während die andere gerade in ihre Hose hüpft, geht dann doch etwas über transparente Firmenpolitik hinaus.

Schrödingers Badezimmer

Zugegeben: So ein vollverglastes Badezimmer mitten im Raum sieht schon ganz cool aus – lichtdurchflutet, im Katalog, bar seines eigentlichen Zwecks. Hübsch. Denkt man sich dann aber einen morgenmuffelnden Urlaubsgast hinein, dem der Zahnpastaschaum am Kinn pickt, während er mit heruntergelassenem Feinripp auf dem Pott thront, war es das dann auch schon wieder mit der Coolness. Und ja, die durchsichtigen Badezimmer mögen den Raum vielleicht auf den ersten Blick auch um einiges größer erscheinen lassen. Zumindest fragt man sich dank ihnen unentwegt, ob man jetzt eigentlich im Badezimmer schläft oder doch im Schlafzimmer badet. Philosophisch. In dieser Situation würde ich es dann aber doch lieber physikalisch halten: wie Schrödingers Katze. Dieses Gedankenexperiment funktioniert ja immerhin auch nur deshalb, weil Schrödinger seine Katze gedanklich nicht in eine Plexiglasbox gesetzt und ihr beim Defäkieren – und vielleicht oder vielleicht auch nicht De-Existieren – zugesehen hat. Duscht die Urlaubsbegleitung also oder pinkelt sie? Man sollte es erst erfahren, wenn man die Badezimmertüre öffnet. Mysterien – machen sie das Leben nicht wunderbar geheimnisvoll?

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Darf’s noch ein bisserl mehr Senf sein? Auch Schnarchen kann im Urlaub für manche zur Herausforderung werden. Wenn ihr noch nach Inspiration für euren Sommerurlaub in Österreich sucht, lest euch durch, wo sich Österreich wie Urlaub anfühlt.


Beitragsbild:

Lisa Oberndorfer | 1000things