Wiener Macher – Gin Produzent – Florian Koller

Der Wien Gin sorgt im Moment für viel Aufsehen und große Begeisterung, jeder trinkt ihn und alle wollen ihn haben. Doch welche Geschichte und welcher Lifestyle steckt da eigentlich dahinter und wie kommt man überhaupt auf die Idee, ausgerechnet in Wien Gin zu produzieren?
Marie Amenitsch Aktualisiert am 20.02.2016
Alkohol noch selbst

Als neues In-Getränk erobert der Wien Gin gerade nicht nur Österreichs Hauptstadt, sondern macht sich auch schon weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen. Wir von 1000things haben uns mit Florian Koller, einem der drei Kesselbrüder, die diesen Gin produzieren,  getroffen und einmal nachgefragt, was es denn mit diesem Wien Gin eigentlich auf sich hat. Aber lest selbst:

1000things: Erzähl uns doch mal, was können wir uns denn unter den Kesselbrüdern überhaupt vorstellen?

Flo: Also die Kesselbrüder, das sind der Achim, der Tommy und ich, drei beste Freunde, die Gin produzieren. Wobei sich zwei von uns, der Achim und der Tommy, schon ur lange kennen und zu dritt kennen wir uns jetzt eben auch schon lange (lacht). Wir haben schon immer viel Zeit miteinander verbracht und waren interessiert an verschiedenen Dingen, haben herumexperimentiert und irgendwann haben wir uns dann auf den Gin als gemeinsames Projekt geeinigt.

1000things: Was war der Grundgedanke hinter eurer Gin-Produktion?

Flo: Wir wollten eine Hommage an Wien machen. Es gab vor fünf Jahren, als wir zum Ausprobieren angefangen haben, den München Gin, den Berlin Gin, den Hamburg Gin aber überhaupt keinen Wien Gin. Die Idee selbst ist uns beim Fischen gekommen, wo wir ziemlich fett – äh entspannt (lacht) -waren. Da wollten wir ursprünglich einen Gin-Tonic im Glas machen, also ein schon fertig abgemixtes Produkt. Das Problem war nur, dass die Kohlensäure in so einem Weithalsglas schwer zum Abfüllen gewesen wäre. Die Grundromantik ist jedoch geblieben und war auf alle Fälle diese, ein Produkt zu machen, das in Wien gefehlt hat, um Wien so ein Zeichen zu setzen.

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(Thomas Tirmantinger, Florian Koller und Achim Bock v.l.n.r.)

1000things: Was waren die ersten Reaktionen auf eure Geschäftsidee?

Flo: Die Leute haben das zum Teil gar nicht verstanden, was wir da machen wollten (lacht). Vielen war zwar Gin-Fizz aus den 80ern/90ern noch ein Begriff, aber das war’s auch schon. Naja, mittlerweile ist es so lässig und cool – jeder trinkt unseren Wien Gin. Wir haben es irgendwie geschafft, ein Produkt zu kreieren, bei dem jeder das Gefühl hat, dass es das schon immer gegeben hat. Für viele ist der Wien-Gin außerdem ein Geschenk und so immer damit verbunden, dass man jemanden eine Freude machen will. Das trifft unser Vorhaben recht gut, weil wenn es andere happy macht, macht uns das natürlich auch glücklich. Man sieht das auch bei unserem Event, dem monatlichen „Work-A-Tonic“ im Hilton Hotel recht gut: Da sind über 1500 Leute, alle sagen, der Gin schmeckt ur geil und es steigt eine riesige Party. (lacht)

1000things: Die Gin-Produktion ist aber eigentlich nur ein Hobby für euch, oder?

Flo: Ganz genau, wir haben ja alle drei unseren Hauptberuf. Der Tommy und ich kommen zwar aus der Getränkebranche – ich bin Biersommelier und im Außendienst bei einem Getränkehändler – aber der Achim ist bei der Telekom, der ist unser Nerd (lacht). Ich glaube aber, dass genau das das Geheimnis der Kesselbrüder ist: wir sind verschieden und jeder hat seinen Bereich, für den er zuständig ist, aber eben nicht weil es in einer Stellenbeschreibung steht, sondern weil es Spaß macht. Ich gehe gerne unter die Leute und mache die Interviews, der Tommy ist unser Stratege, der es liebt, neue Produkte zu entwickeln und große Partner ins Boot zu holen und der Achim, der freut sich, wenn eine neue Steuererklärung, oder eine Gesetzesänderung herauskommt, und er ein Konto überprüfen kann (lacht).

1000things: Eure Freundschaft leidet also nicht unter der Arbeit?

Flo: Gar nicht, wenn einer was nicht machen will, dann muss er das auch nicht. Am Anfang haben uns immer alle gesagt, dass das zu dritt nicht funktionieren wird und wir nach zwei Monaten sicher zerstritten sein werden. Aber denkste! Da ist so viel Respekt in der Arbeit gegen-, mit- und untereinander, das zum ersten immer eine Lösung gefunden und zweitens immer alles einstimmig beschlossen wird. Es ist einfach total harmonisch.

Außerdem sind wir Kesselbrüder ja auch alle verheiratete Familienväter und haben zusammen sechs Kinder, bald sieben und das achte ist in Planung (lacht). Wir lieben alle drei das Familienleben, das verbindet auch nochmal. Und wenn die Kinder im Bett sind, dann gehen wir richtig hackeln oder machen – so wie gestern – eine Lokaltour.

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1000things: Ihr seid alle drei gebürtige Wiener?

Flo:
Ja genau, alle drei Kesselbrüder haben ihren  Ursprung in Wien, ich in der Josef-Baumann-Gasse im 22., der Tommy in Kaimü (Anm. Kaisermühlen) und der Achim in Floridsdorf. Aber mit der Familie war’s dann relativ schnell nötig, einen größeren Platz zur Verfügung zu haben. Ich bin jetzt in Flandorf bei meinen Eltern untergekommen und habe das alte Haus übernommen. Aber die Nähe zu Wien ist halt auch so nach wie vor ideal gegeben, der Firmensitz ist ja auch in Wien.

1000things: Deswegen auch der Name „Wien Gin“?

Flo: Ja, die Idee dreht sich einfach über, in und um Wien. Die ganze Wien-Gin-Bewegung ist eine reine Hommage an die Stadt. Wien fasziniert uns, die Vielfalt, das Multikulti, der Jugendstil  – das ganze Etikette unserer Flasche ist ja auch eine Anlehnung an den Jugendstil. Und ja, der Name Wien-Gin deshalb: Gin weil wir‘s gerne haben und Wien weil wir’s gerne haben, also okay – let’s do it.

1000things: Im Moment ist Gin ja ein richtiges Modegetränk, was jedoch nicht alle wissen: was genau ist Gin eigentlich? 

Flo: Ja, Gin ist wirklich ein absoluter Trend und eben auch der Gin-Tonic als Mixer, um den es auch unzählige Geschichten gibt. Die Grundbasis ist Wacholder und Wacholderschnaps und der war früher ein gängiges Mittel gegen Magenverstimmungen und auch Malaria. Eine Geschichte, die ich auch auch ganz nett finde, ist folgende: In der ehemaligen Kolonie Indien war für die Briten das Fleisch auf Grund der Temperaturen nicht immer das Beste, sie mussten aber bei Kraft und Laune gehalten werden und dazu nahmen sie Tonic, also ein belebendes Wasser mit Gewürzen. Weil das aber so bitter und grauslich war, haben sie einen Alkohol gebraucht – eben den Wacholderschnaps. So entstand das Gin-Tonic, das ist zumindest die Geschichte, an die wir am liebsten glauben (lacht)

1000things: Wie kann man sich die Produktion vorstellen?

Flo: Also die Produktion ist natürlich ein absolutes Mysterium, wo jeder seine eigenen Rezepte und Geheimnisse hat. Gerade beim Gin ist die Zusammenstellung der Kräuter total wichtig und deshalb geheim, jeder mischt hier anders. Wir haben da selbst sehr viel durch Fehler  und durch Kosten gelernt und uns darauf geeinigt, dass Verfahren in Teilen der Öffentlichkeit zu erklären: Die Basis ist hochprozentiger Agraralkohol auf Weizenbasis. Da geben wir dann unsere Zutaten, vorrangig Holunder, Orange, Zitrone, Wacholder und Muskatnussblüte hinein. Das ganze wird dann eine gewisse Zeit- auch das ist ein Geheimnis– ausgelaugt also in der Fachsprache mazeriert und dann noch einmal gebrannt.

Abfüllung

1000things: Wie viele Flaschen Gin entstehen bei so einer Produktion?

Flo: Pro Durchgang kommen wir auf 1420 Flaschen – das sind 1000 Liter – und dieser dauert eine Woche – vom Samstag in der ersten bis zum Sonntag in der zweiten Woche.

1000things: Es gibt aber keine eigene Kesselbrüder-Fabrik, oder?

Flo: (lacht) Nein, also wir sind ja sozusagen „Kuckucksbrenner“, das heißt, dass wir uns zum Brennen in einer großen Anlage einmieten. Aber vielleicht wird das ja, dass wir bald unsere eigene haben, also: fleißig Wien Gin trinken (lacht). Dasselbe gilt für’s Abfüllen, das wir bei Philipp Schmidt, meinem besten Freund, einem Winzer machen können und wo wir auf perfekte Bedingungen stoßen: Es ist sauber, geheizt und es gibt Musik. Jede Flasche wird von uns persönlich abgefüllt, etikettiert und der Stöpsel kommt auch händisch drauf, also ist jede Flasche Wien Gin individuell angefertigt.

1000things: Gibt’s bei der Produktion irgendetwas, worauf man besonders aufpassen muss?

Flo: Ja, da kann ich prinzipiell sagen, dass der Achim sehr langsam und der Tommy und  ich sehr schnell sind, das gleicht sich also sehr gut aus (lacht). Am wichtigsten ist jedenfalls der fixe Ablauf, weil gerade bei solch einem Rezept ist es notwendig, dass wirklich immer alles gleich ist. Das heißt übertrieben gesagt essen wir bei der Produktion immer das Gleiche, unsere 1,5 Kilo Leberkäse, trinken unsere 1-2 Gin Tonic – oder vielleicht doch 5-6 (lacht) – machen die gleichen Pausen usw. Das ist wichtig, damit unsere Gin-Trinker immer das gleiche Erlebnis geboten bekommen.  Bis wir dann fertig sind, kann es dann aber schon vorkommen, dass uns unsere Frauen abholen müssen (lacht).

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1000things: Eure Frauen stehen also auch zu hundert Prozent hinter euch und dem Wien Gin?

Flo: Ja und wie! Sie unterstützen uns in jedem Atemzug und ohne sie wäre das alles nicht realisierbar und wenn sie nicht gerade schwanger sind, dann trinken sie den Gin schon auch gerne (lacht).

1000things: Ist der Wien Gin eigentlich auch schon außerhalb Wiens erhältlich?

Flo: Ja, im Moment heißt’s: Wien Gin erobert Graz. Außerdem sind wir jetzt seit kurzer Zeit auf Facebook, da können wir eine riesige Zielgruppe erreichen und durch direkte Interaktion können die Leute auch so bei uns bestellen und uns mitteilen, wo sie ihren Wien Gin trinken, was ihnen gefällt und was sie vielleicht stört. Ganz stolz sind wir auch auf die Fleischerei in Berlin, wo es jetzt den Wien Gin im Sortiment gibt. Vor kurzem waren wir auch auf der „Hanse Spirit“, der größte Spirituosenmesse in Hamburg, wo wir einige Kunden an Land gezogen haben.

1000things: Was war für euch die größte Hürde, der ihr begegnet seid?

Flo: Echte Freunde zu erkennen, also echte „gute Freunde“ zu haben. Da wurde dann schon die eine oder andere Lebensader und Freundschaftslinie abgekappt und wir mussten die wahren Freunde herausfiltern, weil sich herausgestellt hat, dass manche nicht leiwand und ehrlich sind.

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1000things: Gibt es etwas, dass du rückblickend anders machen würdest?

Flo: Ich bin nach wie vor überzeugt, das Projekt mit den besten Burschen, die es dafür gibt zu machen. Ich glaube man hätt‘s nicht anders machen können. Wichtig war glaube ich auch unser Grundsatz, dass die Kesselbrüder keine Schulden machen, also kein Geld auszugeben, das nicht da ist. Das ist es auch, warum es uns immer noch gibt.

1000things: Wie habt ihr euch dann am Anfang finanziert?

Flo: Jeder von uns hat aus privater Hand ein Drittel vorfinanziert. Aber nicht weil wir extrem reich sind oder so, sondern weil wir sinnvoll finanziert haben. Und, um nochmal auf die Freunde zurückzukommen, weil uns viele echte Freunde mit Zeit und Ratschlägen zur Seite gestanden sind.

1000things: Was verbinden die Leute mit Wien Gin?

Flo: Die Leute kaufen zwar eine Flasche Alkohol mit 43 Volumsprozent, aber in Wirklichkeit kaufen sie vor allem gute Zeit und den Spirit der Kesselbrüder, die Stimmung vom Wien Gin. Zeit zum Entspannen, Zeit zum Genießen, Zeit zu Zweit, Zeit mit Freunden. Alle Fotos, die wir geschickt bekommen, wo Leute ihren Wien Gin trinken, stehen in Verbindung mit positiven Erfahrungen und Erfolgserlebnissen. Wien Gin ist also eigentlich ein Lifestyle, eine Lebenseinstellung: untertags gut arbeiten, fleißig sein und am Abend mindestens so fleißig genießen und Party machen.

1000things: Wo würdest du eure Wien Gin Produktion gerne in  10 Jahren sehen?

Flo: Die Frage ist witzig, weil wir sie uns eigentlich auch selber  häufig stellen.Das Wichtigste ist, dass wir den Wien Gin weiter selber mit unseren Händen machen wollen, wo das sein wird, kann ich noch nicht sagen. Unser Traum wär’s halt schon, dass der Gin so gewinnbringend wird, dass wir irgendwann nur mehr für das Projekt leben können, nicht mehr nur als stiefmütterliches, nebenberufliches Hobby, sondern als richtige Geschäftsform.

1000things: Wer ist für dich der typische Gin-Trinker?

Flo: Dank Facebook sehen wir das gut: Der Wien Gin kommt bei allen zwischen 25 und 35 Jahren am besten an. Aber prinzipiell würde ich sagen, er ist für alle, weil gönnen kann sich jeder was (lacht).

1000things: Wie trinkst du euren Gin am liebsten?

Flo: Jeder Kesselbruder hat so seinen eigenen Favoriten. Ich habe ganz klassisch angefangen mit Gin-Tonic, jetzt trinke ich ihn aber sehr gerne pur, das ist eigentlich ziemlich lässig. In der Familie ganz weit vertreten ist außerdem gerade das „Wienermädel“, also Wien Gin mit Rosenlimonade, das trinkt wirklich jeder und ist halt einfach leicht und einmal etwas Neues.

1000things: Zum Abschluss hätten wir noch ein paar spezifische Wien-Fragen für dich: Wenn du Wien mit drei Worten beschreiben müsstest, welche wären das?

Flo: Wien ist unglaublich schön, charmant und anmutig. Genau wie unser Gin! (lacht)

1000things: Was ist dein Lieblingsplatz in Wien, gibt’s sowas für dich?

Flo: Das hängt von der Tagesverfassung ab: Wenn ich alleine sein will und wo was trinken mag, dann ist die Loos Bar perfekt. Mittagessen gehe ich gerne bei der Petra Führinch. Wenn ich mit den Burschen ein Match schauen will, dann gehen wir ins TGI oder ins Hard Rock Café. Wenn ich meiner Frau und mir einmal etwas gönnen will, dann gehen wir ins Klee am Hanslteich und wenn ich entspannt ein Buch lesen will, dann besuche ich die Vollpension. Es ist mir immer wichtig, etwas Neues auszuprobieren.

1000things: Schönbrunn oder Prater?

Flo: Prater auf alle Fälle, der Prater ist für mich das „Ur-Wien“ und wir haben ja auch das Riesenrad auf unserem Etikett. Im Prater ist für mich das ganze Jahr Fasching, eine echt schöne Wiener Tradition. Dort gibt’s außerdem in der Luftburg den Wiendudler – also Almdudler mit Gin.

1000things: Donau oder Krapfenwaldbad?

Flo: Donau, wir Kesselbrüder lieben die Donau – vor allem auch zum Fischen.

1000things: Rapid oder Austria?

Flo: Fußball interessiert mich nicht (lacht). Übrigens alle anderen Kesselbrüder auch nicht. Aber auf die Österreichische Nationalmannschaft sind wir im Moment dennoch ziemlich stolz!

1000things: Schnitzel oder Kaiserschmarrn?

Flo: Kommt auf die Menge an! (lacht)

1000things: Wenn dich ein Tourist fragen würde, welche drei Attraktionen er in Wien unbedingt sehen sollte, welche würdest du ihm ans Herz legen?

Flo: Den Prater, das ist für mich schon das Wichtigste. Dann würde ich ihm einen Gastro-Tipp geben und das Sritte wäre es, ihm eine Sportveranstaltung zu empfehlen – in der Krieau oder ein Fußballmatch im Praterstadion, um die Mentalität zu erleben.

1000things: Wein oder Bier?

Flo: Ich bin ja Biersommelier aber ich trinke unheimlich gerne ein Glaserl Schmitt-Wein. Der Wein ist für mich sozusagen mein bester Freund und ich sehe ihn und seine Leidenschaft dabei vor mir, das ist dann schon was unglaublich gutes. Sonst trinke ich aber kaum Alkohol.

1000things: Öffis oder Rad?

Flo: Auto!

1000things: Mit wem würdest du gerne einen Kaffeetrinken gehen?

Flo: Das hört sich jetzt sicher ur kitschig an, aber mit meiner Frau. Oder mit den Kesselbrüdern gemütlich an der Donau sitzen.

1000things: Meine letzten Worte sollen sein?

Flo: Küss die Hand! (lacht)

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