Wiener Macher - Mr. Afterwork, Patrik Gräftner

Jan Pöltner Vom 20.01.2016
Seit genau drei Jahren bestimmen die Veranstalter Patrik Gräftner und Michael Posch die Afterworkszene Wiens. Einmal pro Monat trifft sich bei „Büroschluss“ im Le Méridien die Angestelltenwelt Wiens, um gemeinsam zu essen und feiern. Für viele unvorstellbar: Vom Schreibtisch direkt auf den Tanzfloor, doch das Konzept ist äußerst erfolgreich. Wir haben uns vom Veranstaltungsduo mit Patrik Gräftner getroffen.

Ein Donnerstagabend am Ende des Monats, erster Bezirk, Opernring, Le Méridien Hotel. Die alten Straßenbahnen drehen ihre Runden um den Ring, Menschen huschen in Richtung Oper und Touristen spazieren gemütlich über dem Radweg am Ring. Alles scheint wie immer. Wäre da nicht eine Schlange ums Hauseck vorm Le Méridien Hotel. Moment. Eine Schlange um 18 Uhr? Wovon viele Clubbesitzer nachts am Wochenende träumen, ist hier am frühen Abend mitten unter der Woche Realität. Es ist wieder einmal „Büroschluss“, die Menschen kommen direkt von ihren Arbeitsplätzen, um gemeinsam zu essen und feiern. Ein Konzept, das mittlerweile seit drei Jahren funktioniert – vom Schreibtisch auf die Tanzfläche.

Wir haben uns mit Veranstalter und „Büroschluss“ Gründer Patrik Gräftner getroffen, um uns näher über das Konzept einer Afterworkveranstaltung zu unterhalten. Im Interview erklärt er, woher er Büroschluss importiert hat, warum man auch schon Morgens feiern sollte und wo man seiner Meinung nach in Europa die besten Clubs findet.

1000things: Warum veranstaltet man in Hotels Parties?

Gräftner: Das hat eigentlich mit unseren Wurzeln zu tun, mein Partner (Anm. Gräftner veranstaltet gemeinsam mit seinem Partner Michael Posch) und ich haben beide eine Tourismusschule gemacht und haben deshalb einen ähnlichen Background. Obwohl wir dann in weiterer Folge beruflich eher weniger mit Tourismus zu tun hatten, profitieren wir immer von der Ausbildung – etwa im Umgang mit Gästen oder dem Ablauf der ganzen Arbeitsprozesse.

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Die Veranstaltungen in Hotels haben sich dann aber wirklich durch Zufall ergeben. Zu Beginn haben wir im 25hours Hotel „leicht verständlich“ veranstaltet, eine DJ Line, bei der wir nur deutsche Musik spielen, jedoch keinen Schlager. Mit der Veranstaltung waren wir überraschenderweise so erfolgreich, dass das Penta Hotel an uns getreten ist, Afterwork in Hotels, das hat es in Wien in der Form davor ja noch nie gegeben. Das war wirklich enorm spannend und hat von Anfang an gut funktioniert.

1000things: Dort wart ihr aber nicht lange. Warum kam dann der Wechsel vom Penta Hotel ins Le Méridien?

Gräftner: Ganz einfach: Es war zu klein. Wir hatten dann die Situation, dass man von Seite des Penta Hotels an uns getreten ist und gesagt hat: Wir können das aus Kapazitätsgründen einfach nicht mehr machen. Unser Glück war dann, dass eigentlich im gleichen Atemzug das Le Méridien zu uns kommen ist. Zu Beginn war das aber wirklich eher eine Sache mit Bauchweh, wir haben uns gefragt, ob wir dort wirklich eine Afterworkparty machen wollen.

1000things: Warum?

Gräftner: Das Penta Hotel im 5. ist vom Bezirk und Style her einfach wesentlich urbaner. Dann direkt an den Opernring in das viel schickere Le Meridien zu wechseln, haben wir uns schwierig vorgestellt. Nachdem wir uns aber binnen kurzer Zeit mit dem Le Méridien Team wirklich gut verstanden haben, waren sämtliche Zweifel ausgeräumt. Seit Oktober 2013 läuft die Veranstaltung dort sehr erfolgreich.

1000things: Was war deiner Meinung nach in den drei Jahren die größte Lektion?

Gräftner: Es ist für uns immer eine große Herausforderung, wenn Leute vor der Tür stehen, die nicht reinkommen. Unsere Platzkapazitäten sind begrenzt und wenn jemand nicht reinkommt, dann blutet mir wirklich das Herz.

1000things: Was macht man dann?

Gräftner: Naja, (denkt nach) man muss unbedingt mit den Leuten reden, das ist das Um und Auf. Sei es, wenn wir keine Tischreservierungen mehr annehmen können oder keine weiteren Gästelistenplätze haben. Aber auch mit den Leuten vor Ort sind wir immer in Kontakt. Im Frühjahr letzen Jahres haben wir zum Beispiel gratis Bier in der Schlange verteilt und den Leuten erklärt, dass die Wartezeit heute einfach zu lange ist.

1000things: Da kommt dann aber bestimmt oft die Frage: Warum wechselt ihr nicht in eine größere Location?

Gräftner: Die Frage kommt regelmäßig, ja. Wir sind mit dem Le Méridien äußerst zufrieden und die Location passt wunderbar, die Lage ist mehr als gut und das Hotel hat einfach einen Namen in Wien. Wir würden uns auch schwer tun, etwas vergleichbares zu finden. Wir haben erst vor kurzem den Vertrag für 2016 neu unterschrieben.

© Adrian Almasan - www.adrianalmasan.com
© Adrian Almasan – www.adrianalmasan.com

1000things: Weil du den direkten Austausch mit den Gästen ansprichst: Wart ihr schon einmal mit einem Shitstorm oder dergleichen konfrontiert, etwa weil sich Leute beschwert haben, auf Grund der langen Schlange oder der Kapazität?

Gräftner: Nein, eigentlich nicht. Wir lösen die Probleme immer vor Ort. Ich gehe dann auch selbst vor die Tür und informiere die Leute persönlich, dass es heute länger dauern kann. Der direkte Austausch mit unseren Gästen ist mir enorm wichtig. Wenn sich mal jemand auf Facebook beschwert, dann setzen wir uns natürlich zeitnah damit auseinander, aber im ganzen letzten Jahr gab es online eigentlich keine Beschwerde.

1000things: Gibt es etwas in den drei Jahren das du rückbetrachtet anders gemacht hättest?

Gräftner: Eigentlich würde ich alles so sofort wiedermachen. Es ist mir wichtig, dass bei uns jeder willkommen ist und sich auch so fühlt – daran muss man ständig arbeiten. Wir haben etwa das gesamte erste Jahr keine Gästeliste gehabt und auch jetzt haben wir nur eine kleine Liste, etwa für die, die echt jedesmal kommen und uns unterstützen. Die Liste gilt aber nur bis 19.30 am Veranstaltungstag.

1000things: Wie fühlt sich Büroschluss eigentlich für dich an?

Gräftner: Also für mich ist es in Wahrheit wie einmal pro Monat in ein Wohnzimmer zu gehen. Eines, in dem man sich sehr wohl fühlt.

1000things: Ist das das Gefühl, das du auch den Leuten geben willst?

Gräftner: Ja, unbedingt! Es sollen bei uns einfach möglichst viele Bereiche abgedeckt werden. Du kannst bei uns etwa essen und dir einen Tisch reservieren. Dieses „all in one“ zwischen Dinner, Party und Freunde treffen ist der Schlüssel zum Erfolg.

1000things: Gibt es denn deiner Meinung nach den typischen Büroschlussgast?

Gräftner: Wie gesagt, bei uns ist jeder willkommen! Man muss sich aber natürlich mit solch einer Veranstaltungsform identifizieren können. Es gibt sicher Leute, die nicht zu uns kommen, weil wir ihnen von der Musik zu kommerziell sind und auch auf Grund der Location.

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1000things: Steigt  bei Büroschluss eigentlich die Zimmerbuchungsrate im Le Méridien an?

Gräftner: (lacht) Das ist eine wirklich gute Frage, da sollte ich mal mit dem Hotel reden. Also es gibt schon den ein oder anderen, der sich dann ein Zimmer nimmt. Aber ich habe da keine Zahlen. Es ist aber glaube ich nicht so wild, wie man es sich vorstellt.

1000things: Wie bist du eigentlich zum Veranstalten gekommen?

Gräftner: Also in meiner Jugend war ich schon immer der, der die Treffen mit Freunden organisiert hat. Später kamen die ersten Events. Es macht mir seit jeher einfach großen Spaß, Dinge zu organisieren und zu sehen, wie es funktioniert.

1000things: Hattest du denn auch schon Flops bei Events?

Gräftner: Ja, klar! Mit Büroschluss sind wir zum Glück noch verschont geblieben. Aber früher, als wir begonnen haben, noch vor dem 25hours Hotel, da waren wir einige Male in den Stadtbahnbögen mit unseren Events. An einem Abend hatten wir da mal so 20 Leute. Und das waren unsere Freunde. Also man muss als Veranstalter schon zu leben lernen mit Flops. Es gibt nie die Garantie, dass etwas funktioniert – auch bei Büroschluss nicht. Vor allem, da wir in der Afterworkschiene natürlich laufend Konkurrenz bekommen.

1000things: Würdest du sagen, dass Wien eine Partystadt ist?

Gräftner: Ich glaube nicht, dass Wien so einfach mithalten kann mit anderen europäischen Städten. Wien könnte meiner Meinung nach schon noch mehr Auswahl vertragen in den verschiedenen Altersgruppen, nämlich auch für die Leute, die schon in Richtung 30 gehen, da gibt es noch einiges an Potenzial. Es gibt hier schon diesen gemütlichen Touch und das fließt immer wieder ein.

1000things: Wo kann man deiner Meinung nach international gut feiern?

Gräftner: Ich liebe London, die Auswahl dort ist einfach verrückt. Aber auch Berlin ist einer meiner Favoriten, vor allem, um kreative Dinge zu probieren. Da kann man sich schon einiges abschauen.

1000things: International gibt es Afterworkevents ja seit Jahrzehnten, woher hast du die Idee für Büroschluss genommen?

Gräftner: Vor vielen Jahren war ich in Perth, Australien und dort war in einem Hotel eine Afterworkparty. Nach Büroschluss, also dem echten jetzt, sind die Leute von sämtlichen Himmelsrichtungen herbeigeströmt und haben das Hotel fast gestürmt. Alle haben drei, vier Stunden bis Mitternacht gefeiert und dann war der Spuk wieder vorbei. Ich war wirklich beeindruckt und habe mir gedacht: Das wär’s in Wien!

1000things: Würdest du sagen, dass Wien eine Stadt ist, die kreative Eventkonzepte zulässt?

Gräftner: Also es ist sicher mehr als anderswo eine Herausforderung in Wien. Wir haben das erst 2015 wieder mit unserer Pre-Work Party „Wake Up & Dance“ probiert, das gibt es ja bereits in New York und Berlin. Und jeder hat zu uns davor gesagt: „Das funktioniert ganz sicher nicht.“ Aber wir wollten es unbedingt ausprobieren, weil wir die Idee lustig finden, in der Früh ab 6.30 einmal ohne Alkohol, aber mit gesundem Frühstück und tanzend in den Tag zu starten. Und siehe da, es funktionier wunderbar – wir sind ein paar Tagen vor jeder Veranstaltung ausverkauft. Wenn es die richtige Idee ist, die die Leute anspricht, dann kann man in Wien schon richtig viel umsetzen.

1000things: Ich kann mir schon vorstellen, dass viele gemeint haben, dass das nicht funktioniert. Warum sollte man denn deiner Meinung nach bevor man in die Arbeit geht Party machen?

Gräftner: Naja, wenn man so in der Früh in die Arbeit geht, sieht man in den Öffis doch immer extrem viele Leute, die nicht so glücklich und zufrieden aussehen. Mit unserer Veranstaltung wollen wir genau das durchbrechen. Man muss es echt einmal ausprobieren, denn man startet wesentlich fitter und ausgeglichener in den Tag. In Wahrheit ist es wie Work out, nur anders.

1000things: Und was ist das Konzept dahinter?

Gräftner: Also die Party geht von 6.30 bis 9.30 und ist auf verschiedenen Elementen aufgebaut. Am wichtigsten ist mit der gesunde Start in den Tag, wir bieten ein großes Buffet mit verschiedensten Smoothies, Müslisorten und vielem mehr. Bei den DJs ist mir eine Abwechslung wichtig, im November hatten wir etwa MÖWE bei uns.

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1000things: Und die Leute tanzen wirklich?

Gräftner: Obwohl es viele nicht glauben wollen: Ja, die Leute tanzen wirklich, auch schon so bald. Es gibt aber auch die Möglichkeit, in einem eigenen Raum eine Yogastunde zu nehmen. Dann kann man sich auch noch massieren lassen bei einer kurzen Aktivierungsmassage. Man sollte sich das unbedingt einmal ansehen. Ich empfehle aber die Tickets mit einer gewissen Vorlaufzeit zu kaufen, wir sind immer voll. Der nächste Termin ist am 18. Februar.

1000things: Zurück zum Nightlife, geht man als Veranstalter selbst noch gerne fort?

Gräftner: Also seitdem wir so intensiv veranstalten schon weniger, aber grundsätzlich bin ich jemand, der wirklich gerne fortgeht. Es ist schon wichtig, unterwegs zu sein um einen Weitblick zu bekommen und nicht so auf seine Sachen fixiert zu sein.

1000things: Was ist das Schönste an Wien?

Gräftner: Die Kombination aus Weltstadt und Dorf. Ich liebe, dass es nicht zu groß ist im Vergleich zu anderen Metropolen und trotzdem besitzt es jede Menge Charme und genau das macht Wien aus. Meiner Meinung nach ist es auch in den momentanen nicht ganz einfachen Zeiten eine tolerante und weltoffene Stadt, auch deshalb fühle ich mich hier so wohl.

1000things: Wo gehst du gerne in Wien hin?

Gräftner: Ich gehe sehr gerne in Bars und Restaurants, da empfehle ich das Kleinod oder das Motto am Fluss. In der warmen Jahreszeit bin ich ein Riesenfan von Open Air Geschichten, etwa dem Donaukanal – da hat Wien meiner Meinung nach in den letzten Jahren sehr viel aufgeholt.

1000things: Zum Schluss noch einige „entweder oder“ Fragen: Büroschluss oder Wake Up and Dance?

Gräftner: Puh… Büroschluss.

1000things: Bier oder Wein?

Gräftner: Bier.

1000things: Krapfenwaldbad oder Donau?

Gräftner: Ab an die schöne Donau.

1000things: Hotel oder AirBnB?

Gräftner: Hotel. Da darf ich ja gar nichts anderes sagen (lacht).

1000things: Game of Thrones oder Breaking Bad?

Gräftner: Also ich muss jetzt ganz ehrlich gestehen, ich bin überhaupt kein Serienschauer. Ich hab’ die beiden noch nie gesehen. Wenn, dann schaue ich nur sehr, sehr ausgesuchte Serien. Etwa „The Walking Dead“, das liebe ich, eine super Serie. Aber grundsätzlich interessiert es mich nicht so wirklich, ich bin mehr der, der sich vor den Fernseher legt und schaut was läuft.

1000things: Stiegl oder Ottakringer?

Gräftner: Wir sind in Wien: Ottakringer.

1000things: Schnitzel oder Kaiserschmarren?

Gräftner: Schnitzel!

1000things: Grün-weiß oder Violett?

Gräftner: Was für eine Frage! Grün-weiß natürlich.

1000things: Meine letzten Worte sollen sein?

Gräftner: Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!

Zur Person: Der 38-jährige Patrik Gräftner betreibt mit seinem Partner Michael Posch die Eventagentur MPPG. Während seines WU-Studiums war er bei verschiedenen Privatradiosendern im Marketing- und Eventbereich, vor fünf Jahren kam dann der Schritt in die Selbstständigkeit. Die erste Eventreihe im 25hours Hotel war ein Erfolg, seitdem kommen immer wieder neue Events dazu. Nebenbei ist Gräftner noch im Familienunternehmen in Niederösterreich tätig.

Zu den Events: Momentan veranstaltet Gräftners Agentur Büroschluss und Wake Up & Dance im Le Méridien. Auch „leicht verständlich“ soll 2016 seine Fortsetzung finden.

Kommende Woche feiern Gräftner und Posch drei Jahre Büroschluss im Le Méridien, hier findet ihr alle Eventinfos dazu. Das nächste Mal Wake Up & Dance gibt es übrigens am 18. Februar 2016, alle Infos dazu findet ihr auf der zugehörigen Facebookseite.

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