Kindgerechte Trauerarbeit: Die Bestattung Wien verkauft neue Lego-Sets

Viktoria Klimpfinger Vom 08.04.2019
Ein Krematorium zum selber Bauen oder ein Grab zum selber Schaufeln – was zunächst skurril klingt, ist eigentlich pädagogisch wertvoll. Die Rede ist von den neuen Lego-Bausätzen, die die Bestattung Wien ab sofort im Angebot hat.
Bestattung Wien Lego

Der Tod, das muss ein Wiener sein, vermutet Georg Kreisler. Ab sofort ist er auf jeden Fall ein Lego-Bausatz. Denn die Bestattung Wien bietet in ihrem Shop neue Lego-Sets mit Komponenten wie etwa einen Krematoriumsofen, einer trauernden Familie inklusive Verstorbenem und Skelett. Das mag zwar zuerst einmal skurril klingen und den einen oder die andere dazu anstiften, das Klischee der morbiden Wiener zu befeuern. Aber bei genauerem Blick könnte der Hintergrund, der hinter den Spielfiguren steht, ernsthafter kaum sein.

„Was passiert mit dem Opa im Krematorium?“

Denn die Lego-Szenarien sollen Kindern dabei helfen, den Tod von Angehörigen besser zu verstehen und zu verarbeiten. Dabei richtete man sich offenbar nach der großen Nachfrage nach derartigen Behelfen: Bei Gesprächen mit Kunden sei immer wieder zur Sprache gekommen, wie man den Verlust eines geliebten Menschen und alle damit zusammenhängenden Aspekte Kindern gut näherbringen könne, sagte Markus Pinter, Geschäftsführer der Bestattung und Friedhöfe Wien GmbH, am Montag bei einer Pressekonferenz. Die Ratlosigkeit, wenn das Kind fragt, was denn mit dem Opa im Krematorium passiert oder wo die Oma zwischen Ableben und Begräbnis war, ist mehr als nachvollziehbar.

Die drei neuen Lego-Sets, die zwischen 50 und 90 Euro kosten, greifen das Thema also durch ein den Kindern größtenteils vertrautes Spielprinzip auf und veranschaulichen den Prozess der Bestattung vom Leichenwagen, von der Leichentram oder Trauerkutsche bis zum Krematorium, Sarg, Grabstein, Grab, Bagger oder Friedhofsmitarbeiter. Leichenwagen und -tram sowie einige andere Bestattungsgoodies sind übrigens ohnehin längst europaweite Verkaufsschlager.

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Spielerisch aufarbeiten statt verdrängen

Und das Bewältigen auf spielerischer Ebene macht durchaus Sinn, bestätigt Michaela A. Tomek vom Wiener Landesverband für Psychotherapie bei der Pressekonferenz: „Kinder bewältigen ihre Gefühle über die Spielebene.“ Dass viele ihre Kinder vor dem Thema Tod beschützen wollen, ist nur allzu verständlich, bringt aber nach dem Ableben von Angehörigen in große Entscheidungsnot. Wie viel sage ich? Oder soll ich mein Kind doch lieber anlügen? Über den Tod zu schweigen und zu versuchen, das Kind so lange wie möglich von diesem Thema abzuschirmen, sei jedenfalls der falsche Weg: „Tabus schaffen Ängste und Unsicherheiten. Das Kind spürt sowieso, dass etwas nicht stimmt, und bleibt dann allein damit“, sagt Tomek weiter.

So schwierig das auch sein mag, geht es also letztlich auch darum, einen möglichst ehrlichen und zugleich sensiblen Zugang zum Thema zu finden, um sich nicht mit Verdrängung emotional abzuschotten. Wie man als Erwachsene mit dem Tod umgeht, bleibt natürlich jedem und jeder selbst überlassen. Wie man das Thema der nächsten Generation näherbringt, birgt hingegen große Verantwortung. Wem mit simplen Lego-Steinen noch nicht ausreichend geholfen ist, der kann sich übrigens an einige Beratungsstellen wie etwa Rainbows wenden, wo Kinder und Jugendliche nach dem Tod einer nahen Bezugsperson begleitet und Eltern entlastet und beraten werden.

Skurrile PR-Schiene

Und ein bisserl skurril bleiben die Lego-Bestatter trotz aller Aufarbeitungsarbeit ja schließlich doch. Wobei das längst nicht der erste PR-Move der Bestattung Wien ist, die in Sachen morbide Wiener gelegentlich aus dem Vollen schöpft. Während der langen Nacht der Museen konnte man etwa im Bestattungsmuseum Probe liegen und auch T-Shirts mit Sprüchen wie „Friedhöfe Wien – hier liegen Sie richtig!“ oder „Der letzte Wagen ist immer ein Kombi“ sowie Särge als USB-Sticks und Ähnliches erwerben. Okay, vielleicht sind die Sprüche, die es übrigens auch im Onlineshop des Museums gibt, nur so lange lustig, bis es ernst wird. Aber letztlich ist ja auch Humor, oder wie der Alt-Wiener sagt: „Hamour“, eine Bewältigungsstrategie.

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(c) Beitragsbild | Pixabay