5 legendäre Spiele der österreichischen Nationalmannschaft
Momentan hält Fußballfans und auch so ziemlich alle anderen die EM2020 in Atem. Aber auch in der Vergangenheit der österreichischen Nationalmannschaft ging es oft heiß her. Hier ein Best-of der legendärsten Spiele.
Bei der paneuropäischen Euro 2020/21 spielen die Österreicher gerade groß auf. Doch auch die Vergangenheit ist nicht arm an spektakulären Länderspielen. Wir erzählen euch von fünf Partien, die alles andere als gewöhnlich waren.
Lausanne 1954
Die Fußballweltmeisterschaft 1954 in der vom Krieg verschonten Schweiz wird für Österreich zum großen Triumph. Während bei der WM vier Jahre zuvor schon die Reisekosten ins Gastgeberland Brasilien ein Problem darstellten, kann man sich nun im entscheidenden Spiel für die Endrunde qualifizieren: 60.000 frenetisch jubelnde Fans feiern in Wien einen 9:1-Kantersieg gegen Portugal. In der Schweiz sorgt die Wundertruppe um Ernst Happel und Erich Probst weiter für Furore. Die Gruppenphase beendet man auf dem ersten Platz, bevor man im Viertelfinale gegen den Gastgeber antreten muss – eine Partie, die als „Hitzeschlacht von Lausanne“ in die Geschichte eingehen wird:
Bei Temperaturen um die 40°C gehen die Schweizer vor heimischem Publikum rasch mit 3:0 in Führung. Der österreichische Torwart Kurt Schmied hat bereits zu Beginn des Spiels mit einem Sonnenstich zu kämpfen; er muss mit nassen Schwämmen behandelt werden und sich in seinem Trance-Zustand auf die Anweisungen verlassen, die ihm der Team-Masseur hinter dem Tor zuruft. Letztlich sucht die ÖFB-Elf die Flucht nach vorne und gewinnt dieses torreichste WM-Spiel aller Zeiten sensationell mit 7:5! Im Halbfinale gegen Deutschland ist dann wenig überraschend der Akku leer. Doch mit dem Sieg im Spiel um Platz 3 feiern die Kicker schließlich den größten Erfolg in der Geschichte des österreichischen Fußballs. Standesgemäß werden die Stars von ’54 bei ihrer Rückkehr von Tausenden Menschen am Wiener Westbahnhof empfangen und auf den Schultern der Fans feierlich aus der Bahnhofshalle getragen.
Izmir 1977
1977 hat die österreichische Fußball-Nationalmannschaft hervorragende Chancen, sich erstmals seit 20 Jahren wieder für eine WM-Endrunde zu qualifizieren. Um sich das Ticket zu sichern, muss das Team am letzten Spieltag aber auswärts gegen die Türkei gewinnen. Denn bei einem Unentschieden hätte auch noch die DDR als Gruppenzweiter Aufstiegschancen. Gespielt wird am 30. Oktober 1977 im Hexenkessel von Izmir: Schon beim Einlaufen vor dem Spiel erwartet die ÖFB-Auswahl ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert der rund 75.000 türkischen Fans. Komplikationen gibt es außerdem bei der Trikotwahl: Sowohl die Österreicher als auch die Türken beabsichtigen, in roten Dressen zu spielen. Da die türkische Mannschaft zu Hause aber nicht auf ihre Nationalfarben verzichten will und der österreichische Zeugwart keine Ersatzgarnitur mitgenommen hat, muss die ÖFB-Elf schließlich in den verfügbaren Trikots des türkischen Vereins Altay Izmir auflaufen.
Im Spiel selbst dominiert die Truppe um Hans Krankl und Herbert Prohaska schließlich das Geschehen. Die Österreicher erspielen sich zahlreiche Torchancen, doch bis zur 71. Minute steht es noch immer 0:0. Schließlich fasst sich Hans Krankl ein Herz, sprintet auf der linken Seite unaufhaltsam Richtung Tor und spielt das Leder zur Mitte. Der Ball landet auf Umwegen bei Herbert Prohaska, der ihn ausgerechnet mit der Fußspitze über die Linie befördert. Prohaskas „Spitz von Izmir“ sichert den Österreichern die Teilnahme an der WM 1978 in Argentinien, was uns zu unserem nächsten legendären Spiel führt.
Córdoba 1978
Bei der WM 1978 in Argentinien läuft für die Österreicher zunächst alles rund. In der Vorrunde belegt man vor Brasilien und Spanien sensationell den ersten Platz. In der zweiten Gruppenphase wird man jedoch auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Gegen Italien verliert man knapp, gegen die starken Niederlande hat man keine Chance. Das letzte Gruppenspiel findet am 21. Juni in einer Stadt statt, deren Name längst zum Mythos geworden ist: Córdoba! Für die Österreicher geht es im Grunde um nichts mehr, denn ein Aufstieg in die KO-Runde ist nach den beiden Niederlagen unmöglich. Für den Gegner, die BRD, geht es hingegen um alles. Denn um weiter im Turnier zu bleiben, muss der amtierende Weltmeister aus Deutschland die Partie für sich entscheiden, zumindest aber Remis spielen.
Für die BRD läuft zunächst alles nach Plan: Schon nach 19 Minuten erzielt Karlheinz Rummenigge das 1:0. Doch in der 59. Minute schöpfen die Österreicher neue Hoffnung, als ein Eigentor zum Ausgleich führt. Nur sieben Minuten später macht sich Hans Krankl unsterblich, als er die Österreicher mit seinem Traumtor zum 2:1 erstmals in Führung bringt. Die Deutschen gleichen nochmals aus, doch in der 87. Minute fällt schließlich die Entscheidung: Krankl trifft abermals, Edi Finger wird narrisch und die Österreicher gewinnen sensationell mit 3:2! Zwar scheidet man als Gruppenvierter aus, doch auch die BRD muss sich als Gruppendritter frühzeitig verabschieden. Und Krankls Treffer zum 2:1 wird in Deutschland sogar zum Tor des Monats gewählt.
Gijón 1982
Am 25. Juni 1982 werden 41.000 Zuschauer*innen im Fußballstadion von Gijón in Spanien Zeugen einer glatten Arbeitsverweigerung. Wieder spielt Österreich gegen Deutschland, doch diesmal zeigt keine der beiden Mannschaften erkennbaren Einsatz. Grund für das skandalöse Schaulaufen ist die Ausganslage vor dem Spiel. Denn Chancen auf den Aufstieg hat neben der BRD und Österreich auch Algerien. Wenn aber die Deutschen gegen Österreich gewinnen und Österreich dieses Spiel mit nicht mehr als zwei Toren Unterschied verliert, würden beide Teams weiterkommen und Algerien ausscheiden.
Nachdem die BRD in der elften Minute in Führung geht, nimmt das Trauerspiel seinen Lauf. Das 1:0 erzeugt eine Win-Win-Situation, mit der sich beide Teams offenbar zufriedengeben. Niemand will mehr ein unnötiges Risiko eingehen: Die Offensivbemühungen werden eingestellt und der Ball wird nur mehr in der jeweils eigenen Hälfte hin und her geschoben. Torschüsse? Fehlanzeige. Zweikämpfe? Inexistent. Die Stadionbesucher*innen bekunden ihren Unmut mit weißen Taschentüchern, manche wedeln sogar mit Geldscheinen. In der zweiten Spielhälfte fordert der österreichische Kommentator Robert Seeger die Fernsehzuschauer*innen sogar zum Abschalten auf, während sein deutscher Kollege ganz offen von einer Schande spricht. Immerhin hat man aus diesem „Nichtangriffspakt von Gijón“ die richtigen Lehren gezogen. So müssen die letzten Gruppenspiele seither immer gleichzeitig stattfinden.
Landskrona 1990
Am ersten Spieltag der Qualifikation für die Fußball-EM 1992 treffen am 12. September 1990 zwei scheinbar ungleiche Gegner aufeinander. Die Färöer, die erst zwei Jahre zuvor überhaupt Mitglied der FIFA wurden, empfangen Österreich. Gespielt wird vor knapp 1300 Zuschauer*innen im schwedischen Landskrona, da auf den Färöern der notwendige Naturrasen nicht vorhanden ist. Für die Färöer ist es überhaupt erst das erste offizielle Länderspiel nach zuvor nur vier Freundschaftsspielen. Lange Zeit war unklar, ob das winzige Land überhaupt an der EM-Quali teilnehmen sollte. In Österreich wird im Vorfeld des Spiels nur über die Höhe des Sieges diskutiert, Toni Polster prophezeit sogar einen 10:0-Sieg. Österreich hatte 1990 noch an der WM in Italien teilgenommen, die Spieler der Färöer sind – mit einer einzigen Ausnahme – hingegen allesamt Amateure. Siegessicher machen die österreichischen Profis am Tag vor dem Match lieber eine Sightseeing-Tour, anstatt zum Abschlusstraining zu gehen.
Auf dem Spielfeld passiert schließlich das Unglaubliche: Während Torwart Jens Knudsen mit einer Pudelmütze auf dem Kopf einen Schuss nach dem anderen pariert, fixiert Stürmer Torkil Nielsen mit seinem Treffer in der 62. Minute den 1:0-Endstand. Die Schmach sitzt tief, Teamchef Josef Hickersberger erklärt bereits am darauffolgenden Tag seinen Rücktritt. Die siegreichen Färöer werden hingegen zu Hause von 20.000 jubelnden Menschen empfangen – gut jede*r zweite Färöer*in ist bei der Siegerfeier damals dabei. Auf einen Auswärtssieg gegen die Färöer müssen die Österreicher in der Folge lange warten, der gelingt nämlich erst 2013.
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