Kleine Lügen, die wir alle schon mal erzählt haben – Teil 2

Viktoria Klimpfinger Vom 13.05.2020
Prinzipiell sind wir natürlich immer für die Wahrheit. Aber wer nicht schon mal die eine oder andere Notlüge erzählt hat, der werfe den ersten Benimmratgeber. Deshalb folgt hier der zweite Teil unserer Hitparade der Notlügen.
Lügen

Die Schlange brachte Adam und Eva damit gehörig in die Bredouille, Pinocchio wuchs wegen ihnen die Nase auf besorgniserregende Länge an und X Factor machte sich aus der Suche nach ihnen einen popkulturellen Jux: Lügen haben kurze Beine, schon klar. Aber manchmal geht es eben einfach nicht anders, also lavieren wir uns mit kleinen Notlügen aus unangenehmen sozialen Situationen oder setzen sie beim Kampf gegen unseren eigenen Schweinehund ein – und verlieren. Kein Grund, sich dafür zu schämen oder sich in die nächste Lüge zu verstricken: „Ich aber nicht!“ Denn ab und zu schummeln wir doch alle ein bisschen, oder?

Bin am Weg!

Hoppala, jetzt ist es glatt schon wieder passiert: Eigentlich waren wir mit unseren Freundinnen und Freunden zu einem gemütlichen Spritzweinabend verabredet und sind doch glatt auf der Hälfte des Weges kurz weggepennt. Und mit der Hälfte des Weges meinen wir: auf der Couch. Wirklich, wir waren so kurz davor, uns rechtzeitig aufzuraffen und fertig zu machen, schwöre auf Möhre. Aber dann ist uns leider unsere eigene Faulheit dazwischen gekommen. Also machen wir wieder mal husch, husch alles in letzter Minute, und während wir uns noch die Schuhe binden, beruhigen wir die anderen mit einem beiläufigen „Bin am Weg“, so schinden wir zumindest ein bisschen Zeit und müssen nicht zugeben, dass wir es wieder mal nicht rechtzeitig geschafft haben, in die Gänge zu kommen. Denn wie lang dieser Weg wirklich ist, dass können eh nur wir wissen. Also kann uns daraus auch niemand einen Strick drehen. Ist nicht das Leben selbst ein einziger Weg, somit eigentlich auch schon das Aufstehen vom Sofa darin inkludiert und unsere Nachricht technisch gesehen eigentlich gar keine echte Lüge? Eine zutiefst philosophische Frage. Und gleichzeitig ein verdammt schlauer Move, wenn wir skeptische Nachfragen im Sand der Gleichgültigkeit verebben lassen wollen.

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Wir sollten bald mal auf einen Kaffee gehen!

Man kennt das: Gewisse Menschen hat man schon viel zu lange nicht mehr gesehen, will sie eigentlich unbedingt mal wieder treffen – und dann auch irgendwie nicht. Nicht etwa, weil man ein misanthroper Unsympathler, eine misanthrope Unsympathlerin ist, sondern weil es eben einfach Menschen gibt, die man lieber nur zufällig auf Partys oder beim Einkaufen trifft und mit denen jede intentionale Begegnung deutlich anstrengender wäre. Das offen einzugestehen, wäre ziemlich hart und fies. Die anderen können meistens ja nichts dafür, dass zwischen uns die Chemie einfach nicht stimmt. Außerdem geht es ihnen in den meisten Fällen mit uns ganz ähnlich. Also beschränkt man sich darauf, sich gegenseitig auf eine nicht näher definierte Zukunft zu vertrösten und sich auf diesen ominösen Kaffee irgendwann einmal in nächster Zeit rauszureden. Meistens ist diese erste Lüge übrigens dicht gefolgt von einer zweiten: „Schreiben wir uns noch zusammen!“ Ja, nee, is‘ klar.

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Er/Sie wird sich schon noch melden.

Auweh, der Herzschmerz, unser guter, alter Bekannter. Aber so gut wir ihn selbst kennen, so schwierig ist es oft, anderen verbal beizustehen. Wenn sich das Tinder-Date seit Tagen nicht zurückmeldet und unsere Freundin, unser Freund uns verzweifelt nach emotionalem Beistand bittet, was soll man denn auch groß sagen? „Du, er oder sie hat wahrscheinlich keinen Bock auf dich“? Autsch. Also beruhigen wir sie erst einmal mit einem Trostpflaster und befeuern statt der Frustration lieber noch ein wenig die Hoffnung. Wer weiß, vielleicht hatte das Tinder-Date ja in den vergangenen Tagen tatsächlich technische Schwierigkeiten, keinen Empfang – Moment, das kommt uns doch bekannt vor! Zeichnet sich dann doch immer deutlicher ab, dass aus der G’schicht nichts wird, greifen wir dann aber doch zur Wahrheit: „Du hast doch ohnehin etwas viel Besseres verdient.“

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Sie/Er ist voll die/der Nette…

Es gibt Menschen, die sind wirklich leiwand. Und dann gibt es Menschen, die sind so gar nicht unser Fall. Man kann ja auch nicht alle mögen. Also greifen wir zu der zweiten Weisheit, die uns unsere Eltern übers Lügen eingebläut haben: „Wenn du nichts Nettes zu sagen hast, dann sag‘ am besten gar nichts.“ Spricht uns jemand auf unsere Antipathie an, entgegnen wir dann meistens mit: „Er ist echt voooll der Nette…“ Und wir wissen ja, wessen kleiner Bruder das Wörtchen „nett“ ist.

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Ich bin nicht betrunken.

Das Folgende ist schon fast ein Naturgesetz: Menschen, die behaupten, sie seien nicht betrunken, sind betrunken. Sonst müssten sie ja erst gar nicht so tun, als wären sie es nicht. Ist dieser Satz dann noch unterlegt von einem überspielten Lallen und begleitet von einem leichten Beisl-Odeur, ist die Glaubwürdigkeit vollends untergraben. Wobei: nicht ganz. Manchmal folgt auf Lügen ja doch die Wahrheit: „Ich bin nicht betrunken. Du bist betrunken.“ Erwischt.

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Ich bin wirklich nicht kleinlich/böswillig/nachtragend, aaaber…

In diese Satzstruktur kann man so ziemlich jedes Adjektiv einsetzen, das man möchte. Eins steht jedenfalls fest: Der Einleitungssatz wird durch den folgenden Nebensatz allein schon durch das lang gezogene „aaaber“ entkräftigt, das bestätigt, dass die betreffende Person das Adjektiv, mit dem sie sich so gar nicht identifizieren will, eben irgendwie doch ist. Besonders oft geht es übrigens bei dieser Konstruktion darum, sich von Rassismen loszusagen, nur um die folgenden Rassismen als nicht-rassistisch zu legitimieren. Das war jetzt echt nicht kompliziert, aaaber – eigentlich schon.

Sorry, ich rauche nicht!

Für einen Gutteil der Bevölkerung ist dieser Satz keine Lüge. Und alle anderen nutzen das schamlos aus. Wenn man von Wildfremden auf der Straße nach Zigaretten gefragt wird, ist es aber auch deutlich unverfänglicher, einfach zu behaupten, man hätte keine, als sich in händeringende Erklärungen zu verstricken wie: „Du, ich habe nur mehr ein paar Zigaretten und die rauche ich lieber selber.“ Das will doch wirklich niemand hören. Blöd nur, wenn man sich gerade an der Bim-Station eine angeraucht hat. Dann kommt das Nichtraucher-Argument ziemlich fadenscheinig daher. Also adaptiert man es dann meistens kurzerhand mit: „Sorry, war die Letzte!“

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Welche Lügen sonst noch so unseren Alltag pflastern, könnt ihr im ersten Teil des Artikels nachlesen. Außerdem gibt es ein paar Lügen beim Fortgehen, die euch bestimmt auch bekannt vorkommen.

(c) Beitragsbild | Paolo Nicolello | Unsplash (Bearbeitung: 1000things)