Öffnungszeiten
Französische Lokale kommen in der Regel gut an. Das Publikum richtet an sie alle Erwartungen, die es auch an die Grande Nation hat: Eleganz, Fingerfertigkeit, Akkuratesse, das Gefühl für das Schöne. Diese hohen Erwartungen zu erfüllen, ist nicht leicht, vor allem, nachdem es in der Vergangenheit bereits Lokale wie die französische Bäckerei Parémi und das Café La Mercerie bravourös vorgemacht haben. Die Gastronomen hinter dem Neuzugang unter den französischen Lokalen Wiens mit dem Namen Le Pic sind Gabriel Ercin und sein Vater Nebil. Die Familie steht unter anderem auch hinter der Sansibar an der Neuen Donau und dementsprechend viel Erfahrung in der Branche bringen sie mit. Mit Le Pic wollen sie dem Volk geben, was es will: ein bisschen Pariser savoir vivre in Wien.
Ein echter Hingucker
Das im Sommer eröffnete Lokal liegt an einer Top-Adresse im Ersten: am Dr.-Karl-Lueger-Platz. Es soll ein Ort sein, an dem man den ganzen Tag verbringen kann: vom Frühstück mit Morgenkaffee und Croissant – einfach so, au chocolat oder salzig belegt – über Quiche und Salat zu Mittag und einem Nachmittagskaffee bis hin zu Drinks und Dinner am Abend. Beim Betreten kann man sich leicht vorstellen, länger hier zu bleiben und in all den verschiedenen Ecken Probe zu sitzen, die bunt und detailreich gestaltet sind. Nach dem Eingang rechts befindet sich eine Lounge mit dick gepolsterten Fauteuils, links langgezogene Kaffeetische mit Ledersofas und Sesseln, die mit Stoffen im Stil der 60er- und 70er-Jahre bezogen sind. Lieblingsplatzerl-Potenzial haben besonders die kleinen runden Kaffeetische direkt an der zur Wollzeile hin öffnenden Scheibe, an denen man auf getigert bezogenen Fauteuils gemütlich Platz nehmen und beim Kaffeetrinken das bunte Stadttreiben beobachten kann.
Vorbei an der Bar und der verglasten Schauküche geht es nach hinten in Restaurant-Bereich. Er ist hell und freundlich dank großer Fenster, einer bunten Tapete mit Blumen, großen grünen Blättern und Kolibris und teils frei liegender Ziegelwand. Im gesamten Lokal trifft stilistisch die Vergangenheit auf die Gegenwart. Einerseits hängt ein glänzender Kronleuchter an der Decke, andererseits die derzeit so hippen nackten Industrial-chic-Glühbirnen an der Wand. Einerseits gehen die Tische und Sessel im Restaurant-Bereich eher in Richtung skandinavischer Minimalismus, andererseits zieren antike Möbel und Gebrauchsgegenstände die Räumlichkeiten. Die Liebe zum Detail sticht hervor und das Auge hat viel zu entdecken.
Bunte Auswahl
Auf den im Restaurant-Bereich stets fertig gedeckten Tischen stehen zwei Flaschen ungekühltes Mineralwasser bereit – einmal still, einmal prickelnd. Wir waren zum Mittagessen eingeladen und hatten die Wahl zwischen dem Menu du jour und dem Businesslunch. Auf der Karte findet man viel, das einen anlacht, darunter Klassiker wie überbackene Zwiebelsuppe, aber auch Meeresfrüchte und ein bisschen Marokkanisches. Auch die Getränkekarte bietet für alle Gelegenheiten und Vorlieben etwas: Tee, Kaffee, Alkoholfreies – unter anderem Orangina und Verjus –, viele verschiedene Rot- und Weißweine, Bier vom Zapfhahn, kreative Aperitifs und Cocktails und natürlich Champagner. Auch immer nett: Café oder thé gourmand, eine Dessertvariation zum Nachmittagskaffee oder -tee.
Wir bestellten einen Green Le Pic – pürierte Melone, Sekt, Midori, Peach tree und frische Minze – und einen Verjus Spritz – Verjus, Soda, dazu frische Gurkenscheiben.
Das Essen wählten wir von der Mittagskarte: Tartare de bœuf und die Quiche aux légumes camembert. Der Camembert auf der Quiche war etwas zu trocken und fest, ansonsten schmeckte sie aber gut. Das Tartar kam in einer guten Portion, war hervorragend gewürzt, hatte eine angenehme Schärfe und wurde mit gegrilltem Baguette serviert, von dem wir uns noch mal etwas nachbestellten, weil es für das ganze Tartar nicht reichte. Aber das kennt man auch aus anderen Lokalen. Besser so, als es wird am Schluss Brot weggeschmissen.
In unserem Gespräch betonte Gabriel Ercin, dass Nachhaltigkeit generell ein ganz wichtiger Punkt für ihn sei. So sind etwa die Strohhalme und das Geschirr zum Mitnehmen von Speisen aus Stärke. Zum Abschluss mussten wir natürlich noch die beiden zum Mittag zur Wahl stehenden Desserts probieren: Crème Brûlée und zweierlei Schokomousse, dazu ein Espresso und ein Espresso Macchiatto. Die Crème Brûlée überzeugte geschmacklich und stellte die Mousses leider etwas in den Schatten.
Schönes Plätzchen mit viel Potenzial
Die Location hat definitiv Potenzial und ist vor allem für Fans eines gut durchdachten und mit Liebe gemachten Einrichtungskonzepts ein Hotspot. (Haben wir eigentlich schon die zwei gemütlichen Sitzecken erwähnt, die durch ornamentale alte Aufzugtüren abgetrennt sind?) Ein kleines Manko, das wir an dieser Stelle nicht verschweigen wollen, waren die längeren Wartezeiten und der etwas holprige Ablauf. Unter den Speisen sind – soweit wir es durch unseren Besuch dort beurteilen können – einige, die überzeugen können, andere, die die Erwartungen auch hinsichtlich der gehobenen Preise nicht ganz erfüllen konnten. Wenn da noch an ein paar Rädchen geschraubt wird, hat das Le Pic definitiv alles, was es braucht, um ein beliebtes Lokal für die vielen frankophilen Genießer und Genießerinnen in Wien zu werden.
Ihr könnt gar nicht genug von französischen Köstlichkeiten bekommen? Dann schaut auch in Wiens anderen Lokalen vorbei, die kulinarisch der Grande Nation gewidmet sind. Eine kleine kulinarische Weltreise durch Wiens Bäckereien können wir euch ebenfalls ans Herz legen.
(c) Beitragsbild | Pia Miller-Aichholz | 1000things