Das ultimative GINterview

Viktoria Klimpfinger Vom 14.12.2019
Die Gurke ist eine waschechte Allrounderin: Beim Party-Machen schwimmt sie früher oder später in unserem Glas, wir können unserer Katze mit ihr den Schreck ihrer neun Leben verpassen, und im Salat schmeckt sie auch ganz gut. Aber eigentlich hat die Gurke ihre Coolness ja ihrem angeblich besten Freund, dem Gin zu verdanken. Deshalb erfahrt ihr im ultimativen GINterview mit Barchef Robert Grama alles, was ihr schon immer über den Hipster unter den Spirituosen wissen wolltet.
Welttag der Gurke Gin

You’re the Gin to my Tonic! Aber wieso sind eigentlich ausgerechnet Gin und Tonic so ein Vorzeigepärchen? Weil das Leben ohne den Hipster unter den Longdrinks einfach einen Gin mehr macht, haben wir uns das Ganze mal genauer angesehen und nachgefragt. Und wo findet man wohl versiertere Gin-Experten als im Stollen 1930 in Kufstein? Dort befindet sich nämlich die weltgrößte Gin-Gallery mit über 1000 Sorten. Also haben wir Stollen-Barchef Robert Grama zum ultimativen GINterview gebeten.

1000things: Worauf kommt es bei einem guten Gin an?

Robert Grama: Beim Gin geht es nicht darum, wie lange er in einem Fass gelagert wurde oder Ähnliches. Es kommt viel stärker auf die Zutaten selbst an: Wacholderbeeren schmecken von Land zu Land verschieden. Bei den Kräutern, die man verwendet, muss die Mischung passen. Außerdem kommt es auch darauf an, ob es sich um Pot Still oder Columne Still handelt. Beim Pot-Destillat verwendet man traditioneller Weise einen kleinen Brennkessel. Er eignet sich zwar nicht für die Massenproduktion, weil man mit einer Charge nur bis zu 60 Liter Gin herstellen kann, aber der Gin, der dadurch entsteht, ist dafür wirklich edel. Das Columne-Destillat hingegen entsteht in einer Art langen Säule oder Kolonne – daher der Name –, kann größere Mengen produzieren und wird besonders oft für Wodka oder Korn verwendet.

Qualitativ ist der Handcrafted Dry Gin am besten, bei dem alles handgemacht ist, die Zutaten handgepflückt sind und sogar die Etiketten von Hand auf die Flaschen geklebt werden.

Welt-Gurken-Tag
Robert Grama mit Gin-Cocktail Future Gin in der Hand.

1000things: Wie wird Gin hergestellt?

Robert: Traditionell legt man die Wacholderbeeren und andere Zutaten, die man destillieren will, in neutralen Alkohol wie etwa Korn ein. Nachdem man das eine Weile ziehen lassen hat, leert man es in einen Kessel, verdünnt es mit Wasser und kocht es – und schon hat man den Gin.

1000things: Wo kommt der Gin eigentlich her?

Robert: Wacholderbeeren mazeriert man gemeinsam mit Kräutern bereits seit Urzeiten in Alkohol. Nur hieß das früher noch nicht Gin, sondern galt als Medizin und wurde nur in kleinen Maßen eingenommen. Man konnte ihn sogar in Apotheken kaufen.

Seinen Ursprung hat der Gin als alkoholisches Getränk in den Niederlanden und im 30-jährigen Krieg. Die Niederländer tranken sogenannten Genever, eine Vorform des heutigen Gins als Mittel gegen die Angst vorm Kämpfen. Deshalb nennt man Genever auch Dutch Courage. Dafür ließen sie Roggen-Maische gemeinsam mit Wacholderbeeren fermentieren und destillierten das. Wegen des Roggens schmeckte der aber kaum nach Wacholder, sondern eher nach Getreide und daher mehr wie Wodka. Genever ist vor allem auch deshalb kein richtiger Gin, weil ein echter Gin mindestens 37,5 Prozent Alkoholgehalt haben muss. Genever hatte meist nur 36 Prozent.

Jedenfalls haben die Engländer sich den Genever im Krieg abgeschaut und zuhause angefangen, Gin zu produzieren, wie wir ihn heute kennen. Anfangs haben sie viel schwarz gebrannt, aber nicht jeder hatte einen Brennkessel zuhause. Also haben sie die Zutaten nur in Alkohol mazeriert, gefiltert und so getrunken. Sehr bekannt war auch der Old Stone Gin – der wurde in der Badewanne hergestellt und hieß auch Old Hook Gin.

1000things: Wieso mischt man Gin eigentlich ausgerechnet mit Tonic?

Robert: Tonic-Wasser kommt ursprünglich aus Peru und besteht aus einer normalen Limonade aus Zucker und Zitrone gemischt mit Chinin. Dieses Chinin wird auch als Arzneistoff verwendet. Die Mischung aus Gin und Tonic geht also auf ihre gemeinsame Verwendung als Medikament zurück und sollte gegen Malaria, Fieber oder Nierenprobleme helfen. Aber wenn man zehn Gin Tonics am Abend trinkt, ist das natürlich alles andere als gesund.

Die Bar Stollen 1930 mit ihrer extravaganten Einrichtung. (c) Auracher Löchl
Die Bar Stollen 1930 mit ihrer extravaganten Einrichtung. (c) Auracher Löchl

1000things: Wieso verstehen sich Gin und Gurke so gut?

Robert: Die Gurke hatte ursprünglich nichts mit Gin zu tun. Das hat die Marketing-Strategie des Hendrick’s Gin so etabliert. Hendrick’s macht ein kaltes Destillat mit Gurke, weil sie durch das Kochen ihren Geschmack verlieren würde. Das wird mit traditionellem Gin und Rosen-Spirit gemischt. Angeblich soll die Hersteller die Geschichte einer Frau, die in einem Rosengarten ein Gurken-Sandwich aß, inspiriert haben. Aber das ist ziemlich sicher ein Marketing-Gag.

Im Stollen 1930 mischen wir zum Beispiel nur Hendrick’s Gin mit Gurke und rosa Pfeffer, weil der Geschmack der Gurkenscheibe im Getränk sehr dominant ist. Das mag nicht jeder und passt auch nicht zu jedem Gin.

1000things: Also ist Gin Tonic mit Gurkenscheibe und Pfeffer gar nicht die klassische Art, Gin zu trinken?

Robert: Nein, das ist bloß ein Trend. Klassisch wäre es, wenn man Wacholderbeeren und Zitrusfrüchte wie Zitronen oder Limetten dazugibt. Aber nicht in Scheiben – ihr Geschmack wäre ebenfalls zu dominant –, sondern nur die Zesten. Sie enthalten ätherische Öle, die das Getränk nicht sauer machen, sondern ihm eine frische Note verleihen.

1000things: Wie trinkst du deinen Gin am liebsten?

Robert: Ich trinke meinen Gin am liebsten ganz klassisch mit Zitruszesten, meistens von der Grapefruit. Sie schmeckt etwas bitterer, das macht den Gin sehr frisch.

Welt-Gurken-Tag
Hommage an die Gurke: Der Future Gin. (c) Robert Grama

Wir haben euch Gin-neugierig gemacht? Dann nichts wie auf zur weltgrößten Gin Gallery im Stollen 1930! In unseren To Dos findet ihr aber auch jede Menge anti-alkoholische Ausflugsziele.

(c) Beitragsbild | Robert Grama | Stollen 1930

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