10 schräge Dinge, die dir beim Video-Chatten passieren

Viktoria Klimpfinger Vom 26.03.2020

Video-Chats sind ein wunderbares Mittel, um mit unseren Lieben in Kontakt zu bleiben. Aber etwas seltsam sind sie doch. Die folgenden Dinge kommen dir bestimmt bekannt vor, wenn du dich regelmäßig Bildschirm-zu-Bildschirm mit anderen unterhältst.

Video Chatten

So nah und doch so fern! Alle, die momentan proaktiv Social Distancing betreiben und sich dabei dennoch nicht fühlen wollen wie ein Einsiedlerkrebs im Winterschlaf, kennen sie inzwischen, die leicht chaotischen Gruppen-Video-Chats. Natürlich erleichtern sie die Isolation erheblich und sind ein wunderbares Mittel, um in Kontakt zu bleiben. Aber wenn ihr, so wie ich, das letzte Mal als Teenie geskypt habt und eigentlich recht froh darüber wart, dass dieser Trend des gegenseitigen Bildschirm-Anschreiens gekommen und auch gleich wieder gegangen ist, seid ihr wahrscheinlich momentan ähnlich überfordert: Nach jedem Video-Chat brauche ich gute fünf Minuten, um zu verarbeiten, was da gerade geschehen ist. Es war laut, es war verpixelt, und ja, es war ein bisschen mühsam.

Der Kamera-Check

Nach tage- oder wochenlangem Homeoffice kann es schon mal passieren, dass die eigene Fasson etwas aus dem Rahmen kippt. Die Haare zerzaust, die Klamotten zernudelt, aber hey, niemand hat behauptet, dass man zum „Teleworking“ aussehen muss wie aus dem iPhone gepellt. Social Distancing hinterlässt nun einmal Spuren – in meinem Fall in Form von Pizzaflecken vom Vortag auf der Homeoffice-Jogginghose. Aber genug von meiner persönlichen Verwahrlosung. Jedenfalls kann die Realitätswatschen schon ganz schön schallend detonieren, wenn man dann plötzlich dem eigenen hoch aufgelösten Antlitz gegenübersitzt, meistens noch dazu schlecht ausgeleuchtet und in einer recht unvorteilhaften Perspektive. Deshalb mache ich mittlerweile vor dem Annehmen eines Video-Chats gerne einen ersten Kamera-Check, einfach nur um zu sehen, wie ich digital so rüberkomme. Aber vielleicht grüßt da auch nur meine persönliche Eitelkeit. Ready for my close-up!

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Das Alibi-Aufräumen

Halt, stopp, noch nicht ganz! Denn nicht nur meine eigene Visage habe ich gelernt, vorab einer kleinen Stellprobe zu unterziehen. Auch was sich hinter einem so alles abspielt, kann bei einem Video-Chat zum Verhängnis werden. Die Kamera ist nun einmal gnadenlos! Meine Freundinnen und Freunde wissen zwar längst, dass ich das viel zitierte Genie bin, das behauptet, das Chaos zu überblicken. Aber bei einer beruflichen Video-Konferenz kommen die Unterhosen auf dem Wäscheständer hinter mir vielleicht nicht unbedingt professionell rüber.

Sitze ich statisch vor meinem PC, ist das mittlerweile keine Herausforderung mehr. Ausgefuchst und faul, wie ich nun einmal bin, habe ich ein Stück Stoff aufgetrieben, das groß genug ist, um meinen Wildwuchs hinter meinem Schreibtisch, den ich Büroregal nenne, zu übertünchen. Etwas schwieriger wird es da schon, wenn ich vom Handy aus Videofoniere und – wie es eben meine Angewohnheit ist – dabei unbedacht herumspaziere. Da ist man dann ganz schnell weg von professionellen Gesprächen über Überstunden und Kurzarbeit und ist schlagartig dabei, den Chefitäten und der versammelten Belegschaft einzureden, dass sie sich meinen Freund, der da hinten in Boxershorts auf dem Sofa liegt, nur eingebildet haben. Und da ist ja auch schon wieder die halbleere Pizzaschachtel, die ich vorher extra aus dem Bild gekickt hatte. Ups, peinlich! Zum Glück haben manche Chat-Programme eine Weichzeichner-Funktion. Die taucht den Hintergrund in einen angenehm diffusen Nebel. Katastrophe gekonnt ausgeblendet.

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„Könnt ihr mich eh hören? Seht ihr mich?“

Ist das Chaos hinter mir minimiert oder zumindest aus dem Bild geschoben, bricht auch schon das Chaos ante cameras aus. Mehrere Gesichter ploppen gleichzeitig auf, fuchteln und johlen ziellos durcheinander, bis sich die erste Stimme durchsetzt: „Könnt ihr mich sehen? Hört ihr mich?“ Kein, ja wirklich kein einziger Video-Chat kommt ohne dieses inhaltsleere Geplänkel am Anfang aus, diesem virtuellen Pendant zu: „Schönes Wetter heute“. Sogar Menschen, die tagtäglich in ihren Instagram-Storys plappern, als hätten sie nie etwas anderes gemacht, wirken am Anfang eines Video-Chats, als wären sie zum ersten Mal konfrontiert mit diesem Internetz: weit aufgerissene Augen, Stimmen, die plötzlich eine Oktave höher und ein paar Dezibel lauter durch das knackende Mikro gellen. Herrlich. Fast, als würde man im selben Raum sitzen. Nicht.

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Die Outdoor-Stimme

Auch ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich mich jedes Mal, wenn ich mich zu Wort melden will, demonstrativ nach vorne in Richtung Mikro beuge (oder zumindest dorthin, wo ich das Mikro meines Computers vermute) und in einer Lautstärke, die ich sonst nur von meiner telefonierenden Oma kenne, vor mich hinplärre, als würde ich direkt in die Wohnzimmer der anderen hinüberschreien müssen. Zimmerlautstärke, Viktoria, Zimmerlautstärke. Muss ja nicht jeder im Umkreis von zwei Kilometern mitbekommen, wie ich von meinem Bananenbrot schwärme. Wofür gibt es schließlich Instagram?

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„Warte, bei mir hängst du…“

Und dann gerät das Gespräch plötzlich ins Stocken. Also nicht inhaltlich, sondern technisch. Gerade erzählt irgendjemand den Tratsch und Klatsch des Jahrhunderts, und plötzlich bleibt das Gesicht in einer derart unnatürlichen Pose hängen, dass man schon fürchtet, sich Post-Social-Distancing nicht mehr in die Augen sehen zu können. Manchmal rennt die Stimme dann noch gruseliger Weise noch weiter, bis jemand anderes unterbricht: „Warte, bei mir hängst du“ – „Ja, bei mir auch“ – „Oh, jetzt bist wieder da – was war noch mal mit deiner Geschlechtskrankheit?“ Und schon staut sich der Gesprächsfluss gnadenlos vor peinlichem Schweigen auf. Oder hängt die Verbindung jetzt etwa gerade bei mir?

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Wenn man sich selbst beim Reden sieht

Das Problem beim Video-Chatten ist nicht nur, dass man die anderen in möglicherweise verstörenden Gesichtsausdrücken festhängen sieht. Nein, mein persönlicher Ablenkungsfaktor nummero uno bin ich meistens selbst. Denn schon winkt mir wieder die eigene Eitelkeit aus dem kleinen Kasterl mit meinem Gesicht drin zu. Während ich mich bei Telefonaten oder echten Gesicht-zu-Gesicht-Konversationen ganz auf die Erzählungen meiner Mit-Quasselstrippen einlassen kann, schweift mein Blick bei Video-Chats immer wieder auf meine eigene Visage und schon erwische ich mich wieder, wie ich mich selbst beim Reden beobachte. Und plötzlich bemerke ich, dass ich den Mund beim Schildern total komisch verziehe, dass meine Augen irgendwie verrückt aussehen und hatte mein Hals eigentlich schon immer diese Wurst-Form? Natürlich sollte man das eigene Ego dann sofort wieder in die Jogginghosen-Tasche stecken und sich auf die anderen konzentrieren. Auch keine leichte Übung: Wirklich in die Augen schauen, kann man sich nicht – vor allem, wenn die anderen nicht in die Kamera schauen, sondern sich ebenfalls heimlich selbst beobachten. Außerdem ist man dem Gesicht des Gegenübers plötzlich unnatürlich nah. So nah, wie man es in einer echten Unterhaltung wohl nur vor sich hätte, wenn man kurz vor einem intensiven Zungenkuss steht.

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Da glaubt man, man ist kurz unbeobachtet…

Das Bedürfnis, sich selbst zu beobachten, hat aber außer verräterischer Eitelkeit auch noch einen anderen Grund. Mir passiert es immer wieder, dass ich kurzzeitig vergesse, dass ich gerade nicht bloß telefoniere, sondern avec Visage sichtbar bin, und gedanklich ein wenig abschweife. Vielleicht checkt man kurz mal das Handy, während das Gegenüber gerade wieder voll in der Geschlechtskrankheiten-Geschichte aufgeht, oder der Finger wandert verdächtig nah in Richtung Nasenloch. Was auch immer man eben so tut, wenn man sich unbeobachtet fühlt. Besonders auf Google Hangouts ist das in größeren Gruppen ziemlich unangenehm, weil immer ein Gruppenmitglied im Vollbild zu sehen ist, während die anderen sich in kleinen Kasterln am unteren Rand nebeneinanderkuscheln. Wer weiß, vielleicht gähnt man also irgendwem von den anderen gerade das eigene Gaumenzäpfen über den gesamten Bildschirm entgegen. Niemand ist sicher! Da beneidet man plötzlich die Spezialisten der Gruppe, deren Kamera defekt ist und die sich plötzlich aus einem schwarzen Nichts mit pulsierendem Anfangsbuchstaben ihres Namens zu Wort melden. Gruselig!

Schlechte Verbindung oder bloß ein schlechter Witz?

Aber das Zu-Wort-Melden gestaltet sich einigermaßen ohnehin schwierig, wenn alle gleichzeitig drauf los quasseln, weil die einen vielleicht nicht mitbekommen haben, dass die anderen schon zum Monolog ansetzen. „Bitte, du zuerst!“, „Nein, du!“ – schön, auch für die Real-Life-Situation auf der Straße, wenn man sich im Weg steht und beide hartnäckig in die gleiche Richtung ausweichen wollen, haben wir damit eine Online-Alternative gefunden! Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, längere Sprechpausen nach meinen unglaublich lustigen Pointen einzulegen. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass nur deshalb keiner lacht, weil meine Schmähs dank schlechter Verbindung etwas zeitversetzt bei den anderen eintrudeln. Na klar. Oder vielleicht doch besser wieder zurück zum Wetter?

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Corona hier, Corona da

Wobei die Video-Chats zurzeit ohnehin von ganz anderen Themen dominiert sind: Corona, Isolationsalltag, beratungsresistente Großeltern – you name it. Egal, wie sehr man sich bemüht, irgendwie scheint das Gespräch doch immer wieder auf die momentane Situation zurück zu boomerangen. Ist ja auch verständlich, beschäftigt uns ja alle. Aber wenn ich noch einmal zu hören bekomme, wie jemand über seine neue Yoga-Routine oder den übersteigerten Schokoladekonsum schwadroniert, dann schläft mir das Gesicht ein. Und just dann wahrscheinlich im verzerrten Standbild. Danke, Video-Chat!

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Bei euch steht wieder einmal ein Video-Chat-Abend mit der Gang an? Wir haben uns angesehen, was ihr online zusammen unternehmen könnt. Ihr geht lieber mal ein bisschen offline? Dann tobt euch zu Hause ein bisschen aus.

(c) Beitragsbild | Tamara Eisterer


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