Unser Senf: Warum mir die Isolationszeit mein Bananenbrot versaut hat

Weil ein bisschen Würze im Leben nie schaden kann, geben wir euch mit dieser Kolumne regelmäßig unseren Senf dazu: Wir erzählen euch, was uns beschäftigt, was uns nervt und was uns zum hysterischen Lachen bringt. Eure Käsekrainer könnt ihr zwar nicht darin eintunken, aber dafür ist unser Senf auch gratis. Dieses Mal thematisiert unsere Redakteurin den Instagram-Hype um das gute, alte Bananenbrot.

Luisa Lutter Aktualisiert am 13.05.2020
(c) Klara Avsenik | Unsplash

Keine ofenfrische Backware schreit wahrscheinlich so laut und deutlich Corona-Entschleunigungsprogramm wie Bananenbrot! Der Shutdown kam und mit ihm mutierten unzählige unserer Instagram-Freundinnen und -Freunde zu regelrechten Bananenbrot-Propheten – Brot-pheten? Egal, jedenfalls war die Dichte an dem Backprojekt für Einsteigerinnen und Einsteiger noch nie so hoch wie während der vergangenen Wochen. Was das Porridge üblicherweise für Hipsterlokale mit Backsteinwänden und Palettenmöbeln sind, ist also das Bananenbrot bei uns zu Hause: ein Lifestyle-Item. Was für ein Upgrade!

Mein Masterplan ist aufgeflogen!

Warum aber reite ich darauf herum wie Bibi Blocksberg auf ihrem Besen? Ganz einfach: Ich bin sauer. Diese regelrechte Schwemme auf diversen Social Media Kanälen hat mir irgendwie die Freude am Bananenbrot-Backen genommen. Und ja, ich oute mich an dieser Stelle gleich mal selbst als Mitglied des Bananenbrot-Fanclubs. Ich backe Bananenbrot seit Jahren. Als Einzige in meinem Freundeskreis, bis vor Kurzem. Alle kannten mich bisher auf Geburtstagen als diejenige, die ihr Bananenbrot zum Buffet beisteuert und dabei so tut, als wäre es die Meisterleistung des Jahrhunderts gewesen. Ja, ich habe wahrscheinlich etwas übertrieben was den Wirbel um diesen simplen Teigziegel angeht, aber es hat funktioniert: Lob habe ich dafür stets eingeheimst – und mich natürlich bedeckt gehalten, was die Rezeptur angeht.

Diese geheimnisvolle Attitüde kann ich mir dank des Instagram-Hypes allerdings an die Kochmütze stecken. Immerhin kursieren mittlerweile unfassbar viele Bananenbrot-Rezepte, sogar jene, die wohl nur etwas für wirklich fortgeschrittene Back-Profis sind – da stinkt der Wirbel, den ich um so ein bisschen Mehl-Bananen-Gemisch mache leider ziemlich ab. Aufgeflogen!

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Das Haar im Brot

So fügte ich mich dem Schicksal und bekomme nun Nachrichten für Rezeptvorschläge, werde verlinkt auf seltsamen Back-Challenges, wobei ich mich frage, warum es Challenge heißt, denn ich werde doch niemals erfahren, wie das Bananenbrot der anderen Person schmeckt und ob es sich – nach eigenem Ermessen – mit dem eigenen messen kann. Zudem möchte ich nicht aufgefordert werden, Bananenbrot zu backen, ich möchte es einfach aus der Laune und dem Appetit heraus in den Ofen schieben. Ohne vorab das „Go“ einer Instagram-Bekanntschaft in Form von einer Verlinkung abzuwarten und dann andere zu nominieren. Vieles unseres Online-Verhaltens erinnert schon seit viel Längerem verdächtig an die Baum-fällt-im-Wald-um-und-keiner-hört-esProblematik: Wenn ich kein Foto mit perfekten Lichtverhältnissen des frischen, dampfenden Brotes gemacht, einen Filter darüber gelegt und andere Leute markiert habe, habe ich dann wirklich Bananenbrot gebacken? Ja, natürlich! Aber je stärker der Kuchen-Brot-Hybrid zum It-Cake manieriert, desto weniger sexy wird er leider für mich. So ist das eben mit Hypes.

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Die Crux mit dem Zwiespalt

Aber hey, ich will mal nicht so sein: Natürlich freue ich mich gleichzeitig auch darüber, dass Freundinnen und Freunde sich fürs Backen begeistern und sich so ein wenig von den Wahnsinn der vergangenen Wochen ablenken konnten. Die einen machen Yoga, die anderen chillen auf der Couch, und wieder andere backen eben Bananenbrot. Soll doch jeder und jede machen, was er oder sie will. Und ich freue mich natürlich auch, dass das Bananenbrot selbst, das mich jahrelang durch sämtliche zeitlichen und planungstechnischen Mitbringsel-Engpässe und Verlegenheitsgeschenksituationen begleitet hat, endlich die Anerkennung erfährt, die es verdient. So einfach und doch so gut – eine Prämisse, die dieses wunderbare Stückchen Teigmasse verdeutlicht wie selten etwas.

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Ein Krümel der Entrüstung

Wie geht es jetzt aber weiter nach dem Ende der Isolation? Wird das Bananenbrot ein Fixstern an unserem Firmanent bleiben wie Beyoncé, oder doch eher wie ein Shooting-Star verglühen wie – naja, so ziemlich jeder One-Hit-Wonder-Shootingstar der Pop-Geschichte. Eins steht schon mal fest: Da es nun einmal von der breiten Masse entdeckt wurde, wird es sich von nun an wohl in die Beeren-Müslis und Pancake-Türme unserer Zeit einreihen und uns noch eine Weile mit aufgemotzten Bildern in allen Regenbogen-Springformfarben begleiten. Ich kann dabei nur resigniert seufzen. Mich ergreift in Anbetracht des Hypes die Trauer, denn ich muss mir alsbald ein neues Mitbringsel für Brunch-Nachmittage und Geburtstage überlegen. Denn erstauntes Lob ist mir dafür längst nicht mehr sicher, wahrscheinlich höchstes ein sarkastisches Seufzen: Du also auch? Und bevor ich eine wutentbrannte Rede auf meine besorgniserregend enge und langjährige Beziehung zum Bananenbrot halte, die andere wahrscheinlich eher verstören als in die Schranken weisen würde, ist es womöglich einfach an der Zeit, weiterzuziehen. Vielleicht entdecke ich ja etwas, das ähnlich einfach herzustellen ist und zugleich Eindruck schindet. Also: Byebye Bananenbrot, hallo Karottenkuchen!

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Old but gold: Wer genug vom Bananenbrot gelesen hat, sollte sich hinsetzen und vielleicht selber wieder schreiben. Deshalb sagen wir: Danke, dass ihr noch Postkarten schreibt.
Wer jetzt jedoch erst recht Appetit bekommen hat, für den haben wir zahlreiche kulinarische Tipps, die du leicht daheim ausprobieren kannst.

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