10 Dinge über den 1. Bezirk, die du noch nicht wusstest
Auch wer glaubt, die Innere Stadt wie seine*ihre Westentasche zu kennen, wird von dem einen oder anderen Fakt bestimmt noch überrascht. Wir verraten euch ein paar weniger bekannte Fakten über den 1. Bezirk von Wien.
Den 1. Bezirk in Wien kennt auf die eine oder andere Weise fast jede*r, der*die schon mal in Wien war. Und doch birgt er nach wie vor Geschichten und Fakten, die nicht allseits bekannt sind. Nicht zuletzt, weil die Innere Stadt auf eine lange und bewegte Geschichte zurückblickt.
Wo die Kaffeehaustradition ihren Anfang nahm
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, in denen sich eine Kaffeekultur schon früher entwickelt hatte, war Wien recht spät dran. Erst nach der Zweiten Türkenbelagerung war es so weit: Der armenische Kaufmann Johannes Deodat eröffnete 1685 in seinem Wohnhaus in der Rotenturmstraße ein Kaffeehaus. Er war mit dem kaiserlichen Privileg ausgestattet worden, 20 Jahre lang als einziger Händler der Stadt das „türkische Getränk, als Caffe, The und Scherbet, zu praeparieren“. Ein Wien mit nur einem einzigen Kaffeehaus kann man sich heute nur schwer vorstellen. Neben unzähligen Cafés, Röstereien und traditionellen Kaffeehäusern, die Wien prägen, befindet sich auch an jener Stelle, an der einst Johannes Deodat die Wiener Kaffeehauskultur begründen konnte, noch heute ein Kaffeehaus: das Café Daniel Moser.
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Historisches Viertel mit Überraschungen
Das Viertel rund um die Blutgasse ist eines der ältesten Wiens. 1368 bis 1392 findet das schmale Gässchen unter dem Namen Kothgässel, im 15. Jahrhundert als Kergässel Erwähnung, im 16. Jahrhundert wurde die Gasse erstmals nach Blut benannt, um 1600 dann Milchgasse. Wie es zu dem etwas schaurigen heutigen Namen kam, ist nicht klar. Natürlich rankt sich eine Legende um die Namensgebung: 1312 sollen die Templer im Fähnrichhof erschlagen worden sein und ihr Blut der Gasse ihren Namen gegeben haben – reine Fiktion, wie Forscher*innen festgestellt haben. Im Blutgassenviertel sind noch einige historische Bauten erhalten, die die Umgebung zu einem jener Orte Wiens machen, die einen eine kleine Zeitreise unternehmen lassen. Hinter den teils schmalen Türen und versteckten Eingängen liegen malerische und ruhige Innenhöfe und Geheimgänge.
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Die älteste jüdische Gemeinde Wiens
Dass der Judenplatz mitten im 1. Bezirk liegt und nicht im für jüdisches Leben heute so bekannten 2. Bezirk, gibt einen Hinweis darauf, dass die Geschichte der jüdischen Bevölkerung Wiens eine der Vertreibung und Verfolgung ist. Bereits seit 1204 befand sich in der heutigen Seitenstettengasse eine Synagoge. Eine eigene Judenstadt ist vermutlich erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts entstanden. Diese war nur über sogenannte Judengassen zugänglich, die mit Toren abgesperrt werden konnten, und war mit Mauern befestigt. Mittelpunkt der Judenstadt waren der Judenplatz und der Schulhof. Hier befanden sich ein Spital, eine Schule, eine Badestube, eine Synagoge und das Haus des Rabbiners.
1420/1421 kam es zum Pogrom gegen Juden*Jüdinnen, der Wiener Geserah. Herzog Albrecht V. gab den Befehl, alle reichen Juden*Jüdinnen gefangenzunehmen und ihr Vermögen zu beschlagnahmen, die Armen sollen in Booten auf der Donau ausgesetzt worden sein. Wer nicht vertrieben wurde, wurde gefoltert und zwangsgetauft oder ermordet, manche Juden*Jüdinnen begingen Selbstmord, die Häuser der jüdischen Bevölkerung wurden verschenkt oder verkauft, die Synagoge demoliert. Die Mauer um die Judenstadt wurde abgebrochen, die älteste jüdische Gemeinde in Wien war Geschichte. Heute erinnert ein Mahnmal auf dem Judenplatz an die Opfer des Holocausts.
Die ersten Ampeln Wiens
Nach dem Ersten Weltkrieg waren immer mehr Autos in der Stadt unterwegs und die Verkehrsregelung zwischen den vielen verschiedenen Teilnehmer*innen wurde immer komplexer. Was sich bei der Eisenbahn und der Schifffahrt bewährt hatte, wurde nun auch im Stadtverkehr eingesetzt: Lichtsignale. Die erste Ampel Wiens stand an der Opernkreuzung und wurde händisch über Kurbelschalter bedient. Die erste Ampel für Fußgänger*innen wurde 1951 am Stock-im-Eisen-Platz installiert. Kaum vorstellbar, dass rund um Stephansdom und Pestsäule früher Autos unterwegs waren.
Silber-rot für Wien
Dass das Bezirkswappen der Inneren Stadt dasselbe ist wie das Stadt- und Landeswappen Wiens, ist kein Geheimnis, fällt aber vielleicht vielen nicht auf. Der Wiener Kreuzschild ist ab circa 1278 nachweisbar. Vermutlich diente die Fahne den kaiserlichen Truppen im Mittelalter als Vorbild. Nachdem der 1. Bezirk der älteste Kern der Stadt ist, ist das Balkenkreuz bis heute auch das Stadt- und Landeswappen von Wien. Das „Große Wappen“ mit einem schwarzen Adler als Wappenhalter des Kreuzschildes wird nur von Organen der Stadt Wien geführt. Fun fact aus der Heraldik, also der Wappenkunde: Weiß ist als Silber zu lesen, Gelb als Gold. Das Wiener Wappen und damit das des 1. Bezirks zeigt demnach strenggenommen ein silbernes Kreuz auf rotem Grund.
Das Erbe des Ringtheaterbrands
Am Abend vom 17. Jänner 1874 brach während einer Vorstellung ein verheerender Brand im Ringtheater aus. Durch einen technischen Defekt kam es zu einer Explosion und dadurch zu einem Feuer, das sich schnell über die Bühne und in den Zuschauerraum ausbreitete. Aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen und auch menschlichen Versagens starben nach offiziellen Angaben 384 Menschen, Schätzungen gehen von noch mehr Opfern aus. Infolge des Brands wurden Sicherheitsvorkehrungen für Theater beschlossen, die bis heute bestehen. Beispielsweise wurde der Eiserne Vorhang zur Trennung von Bühne und Publikumsbereich eingeführt und Dekorationen müssen imprägniert werden. Außerdem muss in größeren Theatern an jeder Vorstellung ein*e uniformierte*r Sicherheitsbeamt*in teilnehmen, der*die im Fall eines Notfalls sofort Maßnahmen ergreifen kann. Er*sie muss im Zuschauerraum bleiben, bis das Publikum ihn verlassen hat.
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Das älteste Kloster Wiens
Das Schottenkloster auf der Freyung wurde 1155 gegründet und ist damit das älteste Wiens. Damals holte Markgraf Heinrich II. Jasomirgott irische Benediktinermönche nach Wien und gab ihnen Grundbesitz außerhalb der Stadtmauern, auf dem eine Kirche, ein Kloster und ein Spital für kranke Kreuzfahrer errichtet wurden. Wie kommt es, dass das Kloster nicht Irenkloster heißt? Irland wurde damals Neu-Schottland genannt.
Heutzutage gehört das Kloster zur österreichischen Benediktinerkongregation. Denn die irischen Mönche sollen sich im 13. Jahrhundert ziemlich danebenbenommen haben: Sie waren nicht gastfreundlich, sie lebten nicht enthaltsam, sie förderten nicht die Wissenschaft und die Künste und sie bemühten sich nicht darum, Deutsch zu lernen und die örtlichen Sitten zu übernehmen. Außerdem verwalteten sie ihr Vermögen schlecht, ließen Kirche und Kloster verfallen und verpfändeten sogar die Turmglocken und Ornate. Herzog Albrecht V. ließ sich das nicht gefallen. 1418 verließen die Neu-Schotten auf seinen Druck hin das Kloster, welches an die Benediktiner aus Melk übergeben wurde.
Labyrinth unter der Inneren Stadt
Schon früh während des Zweitens Weltkriegs planten die Nazis, die Keller unter Wien zu einem Luftschutznetz auszubauen. Erst 1944 begannen sie damit, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Tunnel wurden gegraben, Mauern durchbrochen und Einstiegs- beziehungsweise Ausstiegsbauwerke an Plätzen geschaffen, die im Fall von Bombenangriffen möglichst frei von Trümmern bleiben würden. Ziel war es, ein möglichst großes zusammenhängendes System zu schaffen, das es Schutzsuchenden erlaubte, die Stadt möglichst durchgehend unterirdisch zu durchqueren. Der Ausbau ging nur langsam voran. Teile des nie fertig gestellten „Luftschutz-Raum-Netz Innere Stadt“ existieren noch. Die Mauerdurchbrüche wurden verschlossen und unterirdische Gänge mit Schutt gefüllt. Aber wer weiß, wonach er*sie suchen muss, findet Hinweise und Überbleibsel an Hauswänden und in Kellern.
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Die zweitkürzeste Gasse Wiens
Die Irisgasse verbindet den Platz Am Hof mit der Naglergasse und ist nur 17,5 Meter lang. Kürzer ist nur die Thetysgasse im 2. Bezirk mit elf Metern. Den Rekord für die längste Straße Wiens hält übrigens die Höhenstraße mit 14,98 Kilometern.
Für immer unvollendet
Der Stephansdom hätte zwei Türme bekommen sollen. Stattdessen hat das Wiener Wahrzeichen heute nur einen fertigen Turm, den Südturm mit 136,4 Metern Höhe. Der Nordturm ist nie über 68,3 Meter hinaus gebaut worden. Der Sage nach stürzte der Dombaumeister Hans Puchsbaum aufgrund eines Pakts mit dem Teufel in den Tod, wodurch der Bau nicht vollendet wurde. In Wahrheit war aber nicht der Tod des Baumeisters dafür verantwortlich – Puchsbaum legte 1450 die Fundamente, verstarb aber 1454 –, sondern wirtschaftliche Schwierigkeiten, die rasche nachhaltige Ausbreitung des Protestantismus in Wien ab 1520 und die Türkenbelagerung 1529. Und so schließt seit Mitte des 16. Jahrhunderts ein Renaissance-Turmdach den Nordturm ab. Auf dessen Spitze sitzt ein Doppeladler, weshalb der Turm auch Adlerturm genannt wird.
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