Was wir alle über die Periode wissen sollten
Viele von uns betrifft sie, und doch spricht man immer noch zu selten darüber, und wenn dann meist nur mit gedämpfter Stimme oder in Metaphern: Die Rede ist von der Periode. Wir haben ein paar spannende Fakten rund um die Menstruation für euch.
Die Periode gehört für menstruierende Personen zum Leben wie das Amen zum Gebet und das Schnitzel zu Wien. Meist einmal im Monat, mal öfter, mal weniger oft. So präsent sie für viele seit ihrer Pubertät ist, so wenig sprechen wir über diesen ganz normalen Vorgang im Körper – der immerhin dafür sorgt, dass es uns überhaupt gibt. Period Shaming, also das Schämen für die Menstruation, ist kein Phänomen von heute, sondern reicht lange zurück. Wir sagen: Shame on it! Denn peinlich ist das Blut zwischen unseren Beinen keinesfalls. Wir haben Spannendes, Kurioses und Erschreckendes über die Menstruation für euch. Lasst uns übers Bluten reden!
Menstruation: die Basics, einfach erklärt
Fangen wir doch bei Null an. Immerhin kann man nicht oft genug lesen, wieso unser Körper tut, was er nun mal tut. In diesem Fall: bluten. Die erste Periode, übrigens „Menarche“ genannt, kommt meist unerwartet, startet mit Bauchzwicken, vaginalem Ausfluss, einem Spannen in der Brust und Krämpfen im Unterleib. Dann ist das Blut da, das 385 einzigartige Proteine enthält, die weder im normalen Blut noch in der Scheidenflüssigkeit vorkommen – und der Zyklus beginnt. In der ersten Zyklushälfte baut sich die Gebärmutterschleimhaut auf und wartet quasi auf die Eizelle, die in einem der beiden Eierstöcke heranreift und beim sogenannten Eisprung in die Gebärmutter wandert. Wenn ein Spermium beim Sex oder bei einem künstlichen Eingriff die Eizelle befruchtet, kann dort ein Embryo heranreifen. Wird die Eizelle jedoch nicht befruchtet, wird die überflüssige Gebärmutterschleimhaut abgestoßen und kommt als teils klumpige Blut-Schleimhaut-Mischung wieder heraus. So weit, so Biologie-Unterreicht der vierten Unterstufe.
Blutige Zeitreise: die Periode in der Vergangenheit
Ohne Zyklus kein neues Leben, das gilt seit, nun ja, seit es die Menschheit eben gibt. Und auch das Stigma der Menstruation reicht leider lange in der Zeit zurück. Aristoteles hatte bekanntlich eine starke Meinung zu vielen Dingen, so auch zur Menstruation: Er fand sie schmutzig und nannte sie ein „Defizit in der Physik des weiblichen Körpers“. In der katholischen Kirche galt die Frau während der Regelblutung als minderwertig, schließlich galt die Blutung als die Strafe für die Verfehlung Evas im Paradies. Im Judentum durfte man als Mann Menstruierende nicht berühren, um nicht unrein zu werden. Im alten Rom hetzte man gegen menstruierende Frauen, da sie als dunkle Hexen galten, die Stürme auslösen und die Ernte vernichten würden. Ärzte vor dem 19. Jahrhundert dachten, Frauen müssten bluten, um ihre „emotionale, hysterische Natur auszugleichen“. Bis in die 1970er-Jahre glaubte man sogar, dass das Menstruationsblut giftig sei und Lebensmittel verderben könne. Und heute noch werden immer wieder Frauen aus Hindu-Kulturen während ihrer Periode in unbeheizte Menstruationshütten verbannt – diese „Chhaupadi-Methode“ ist zwar seit 2005 verboten, wird aber aus Angst und Unwissen immer noch praktiziert. Heute müssen wir uns theoretisch nicht mehr verstecken, während wir menstruieren, wohl aber unsere Menstruationsprodukte. Die Werbung zeigt uns, wie Periode sein soll: „always discreet“.
Menstruationsprodukte damals
Je alltäglicher die Dinge werden, desto weniger Gedanken machen wir uns darüber. Zeit für ein paar Fakten! In der Regel ist die Regel ziemlich teuer: Zwischen 2.500 und 8.000 Euro gibt eine menstruierende Person im Leben für Menstruationsprodukte aus. Tampons, Binden, Hygieneprodukte und im schlimmsten Fall sogar Schmerztabletten haben nun mal ihren Preis. Schon im alten Ägypten nutzten Frauen eine Art Tampon, der aus kleinen Papyrusrollen bestand, erst während des Ersten Weltkriegs wurden Damenbinden revolutioniert: Französische Krankenschwestern verwendeten Einweg-Zelluloseverbände bei verwundeten Soldaten, stellten fest, dass sie Blut besser aufnahmen als Baumwolle, und begannen, auch die Frauen damit zu versorgen. Kurz darauf kamen die ersten Binden-Marken auf den Markt. 1929 entwickelte der Amerikaner Dr. Earle Haas einen Pfropfen aus Baumwolle, der mit zwei Pappröhrchen eingeführt wurde. Der erste Tampon war geboren – und mit ihm eine zusätzliche Müll-Krise.
Menstruationsprodukte heute
Herkömmliche Binden enthalten oft jede Menge Plastik und brauchen mehr als 500 Jahre, um zu verrotten. Die Industrie springt auf den nachhaltigen Zug auf, mittlerweile gibt es Alternativen aus pestizidfreier Bio-Baumwolle, waschbare Perioden-Slips, wiederverwendbare Menstruationstassen und andere Innovationen. Dass diese Innovationen allerdings nicht nur fortschrittlich sein können, hat die Debatte rund um das Start-up Pinky Gloves gezeigt, das in der Investment-Casting-Show Die Höhle der Löwen gepitcht und sogar ein Investment bekommen hat. Pinke Einweghandschuhe sollten die „diskrete“ und „geruchsneutrale“ Entsorgung benutzter Tampons ermöglichen, wurden so allerdings zum Paradebeispiel für die Tabuisierung der Periode. Nach lauter Kritik haben die Gründer die Problematik inzwischen eingesehen und ihr Produkt vom Markt genommen.
Wusstet ihr, dass eine Person im gesamten Leben etwa 16.800 Produkte für ihre Menstruation braucht? Rechnet man das hoch, wird das ganz schön teuer. Viele menstruierende Personen sind von Periodenarmut betroffen: Sie können sich die Produkte nicht oder nur schwer leisten. Wie viele das in Österreich genau sind, ist unklar. Bedenkt man aber, dass in Österreich 17,5 Prozent der Bevölkerung armuts- bzw. ausgrenzungsgefährdet sind (Stand: 2020), wovon wiederum Frauen ganz besonders betroffen sind, leuchtet ein, dass es sich auch in Österreich um keine unwesentliche Zahl handelt. Die Senkung der sogenannten „Tamponsteuer“ von 20 auf zehn Prozent war zwar ein erster wichtiger Schritt, aber sollte eben nur der erste von vielen sein. Bei BIPA gibt es übrigens gratis Tampons und Binden an der Kassa.
Blut ist rot
Heute suggerieren uns Werbung und Medien, dass es toll ist, die richtigen Menstruationsprodukte immer im Täschchen zu haben. Mit ihnen kannst du sporteln, lachen, mit Freund*innen die Nacht zum Tag machen – ganz ohne Beschwerden. Übrigens: Nein, Menstruationsblut ist nicht blau wie die Flüssigkeit, die in der Werbung auf superflexible Binden tropft. Nachdem kleine Hersteller wie das Berliner Start-up The Female Company seit Firmengründung auf die blaue Farbe verzichten, hat sich der Binden-Riese Always im September 2021 nach 30 Jahren Firmengeschichte zum ersten Mal im TV zu rotem Blut bekannt. Man wolle die Periode „so zeigen, wie sie ist“, hat Sherin Wanning, Markenmanagerin von Always, erklärt. Sie sei „das Normalste der Welt – und definitiv kein Tabu oder Grund sich zu schämen“. Unter dem Hashtag #bloodnormal finden sich mittlerweile 3.712 Beiträge.
Marginalisierte Schmerzen
Wie das Blut selbst werden auch die damit oft einhergehenden Regelschmerzen oft nicht so ernstgenommen, wie sie sollten. Doch wer über Regelschmerzen klagt, ist weder Mimose noch „Hascherl“. Tatsächlich können sie sogar die Intensität eines Herzinfarktes erreichen, fand der britische Uniprofessor und Forscher John Guillebaud heraus. Viele Frauen leiden außerdem unter Müdigkeit, exzessiven Hungerattacken oder unter dem berühmt-berüchtigten Prämenstruellen Syndrom (PMS), das sich durch ordentlich durcheinandergeworfene Hormone auf die Psyche schlagen kann bis hin zur Depression und zur stärkeren Variante, PMDS (Prämenstruelle Dysphorische Störung), die immerhin ganze fünf bis 15 Prozent aller Frauen trifft.
Jede zehnte Frau leidet unter Endometriose, einer chronischen Erkrankung bei Frauen* im fruchtbaren Alter. Dabei wachsen Zellen, die der Gebärmutterschleimhaut ähnlich sind, außerhalb der Gebärmutter an anderen Stellen im Körper und bilden sogenannte Endometrioseherde. Genauso wie das Gewebe innerhalb der Gebärmutter werden die Herde durch weibliche Hormone gesteuert. Das heißt: Sie wachsen mit jedem Zyklus – und sie bluten, wenn die Frau ihre Periode hat. Da das Blut nicht abfließen kann, bilden sich Zysten, Verwachsungen, Entzündungen und Vernarbungen, die starken Schmerzen setzen viele Betroffene während ihrer Menstruation sogar tagelang außer Gefecht. Ärzt*innen erkennen die Krankheit oft erst spät oder gar nicht, Infos und Hilfe bietet die Endometriose Vereinigung Austria. Dass die Unwissenheit in der Gesellschaft und auch unter Ärzt*innen groß ist, obwohl so viele davon betroffen sind, spricht Bände über die Benachteiligung von Frauen und spezifisch weiblichen Symptomen und Erkrankungen innerhalb der Medizin. Aufschluss gibt etwa die Dokumentation nicht die regel.
Die neue Perioden-Normalität
Die Bestrebungen, die Menstruation zu enttabuisieren, werden immer vielfältiger und lauter. So schreibt der Standard im Februar 2019: „In Japan, Indonesien, Taiwan, Südkorea sowie beim Sportartikelhersteller Nike gibt es den bezahlten ,Menstrual leave´ für Mitarbeiterinnen, also freie Tage während der Periode. In Italien wurde über einen entsprechenden Gesetzesentwurf kontrovers diskutiert“. Klar, sagen die einen – immerhin soll sich keine Frau mit Schmerzen ins Büro schleppen. Auf keinen Fall, meinen die anderen – denn mit einem „Menstruationsurlaub“ wird den Firmen ein weiteres Argument geliefert, weniger Frauen einzustellen. Ein Teufelskreis. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels: Period Shaming hat es sogar bis zu den Vereinten Nationen geschafft. Sie bezeichnen Menstruationsscham und -desinformation sogar als Bedrohung der Menschenrechte, denn Frauen und menstruierende Personen seien dadurch Diskriminierung, Gewalt und Gesundheitsproblemen ausgesetzt. Zeit, die Periode und alles, was dazu gehört, schleunigst besser kennenzulernen.
Noch mehr zum Thema haben wir in unserem Perioden-Guide durch Wien für dich. Wenn du dich bei uns registrierst und der Liste Feminismus folgst, verpasst du kein Update mehr.