13:15 Uhr: Viertel zwei oder Viertel nach eins?
Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich – Viertel zwei? Oder doch Viertel nach eins? An der Viertelstunde scheiden sich in Österreich die Geister, und auch in unserer Redaktion. Deshalb haben wir eine Wienerin und einen Oberösterreicher in einen Raum gesperrt und erst um Dreiviertel zwei wieder rausgelassen. Da sind sie sich nämlich komischer Weise einig.
In Österreich gibt es zwei Typen von Menschen: jene, für die es Viertel irgendwas ist, und jene, für die es Viertel nach (oder über) irgendwas ist. Punkt. Da fährt die Eisenbahn drüber. Im Osten und Süden Österreichs ticken die Uhren also offenbar tatsächlich anders als im Westen. Nicht nur in Österreich, wie der Spiegel Online in einer Online-Umfrage erhoben hat. Und auch unsere Redaktion spaltet sich diesbezüglich in zwei Lager – was schwierig ist, wenn man sich Meetings ausmachen will, die nicht zur vollen Stunde stattfinden. Hier diskutieren eine Wienerin und ein Oberösterreicher.
Viki, die Wienerin: Viertel zwei, was sonst?
Ich bin in Wien aufgewachsen, und bei mir ist es immer schon Viertel zwei. Wenn mich jemand um Viertel nach eins treffen will, muss ich mir das immer erst mühsam mit den Fingern ausrechnen wie ein Volksschulkind oder visualisiere angestrengt ein riesengroßes Ziffernblatt. Meistens frage ich mittlerweile aber: “Also ein Uhr fünfzehn, oder?” Nur um ganz sicher zu gehen. Von meiner Warte aus würde ich zwar nicht Gefahr laufen, eine Stunde zu spät zu kommen, sondern wäre höchstwahrscheinlich eine Stunde zu früh am Treffpunkt, weil es dann Viertel eins (also zwölf Uhr fünfzehn) wäre, aber wer ist schon gerne eine Stunde zu früh dran?
Dabei – und davon bin ich felsenfest überzeugt – bin bei der ganzen Sache nicht ich das Problem. Nein, meine Variante, die Uhrzeit zu interpretieren, ist ganz wertfrei gesprochen einfach die logische: Wenn man sich die volle Stunde als Torte vorstellt, dann ist das erste Viertel, das man verdrückt, ja auch nicht “Viertel nach Sachertorte”, sondern ein “Viertel Sachertorte”. Hat man dann – no shame in that – drei Viertel der Sachertorte verputzt, waren das dann konsequenter Weise auch drei “Viertel Sachertorte”, und nicht “Viertel vor keine Sachertorte”. Übrigens sagen laut einem Standard-Artikel aus 2018 viele, die “Viertel nach” oder “Viertel über” sagen, dennoch “Dreiviertel” und nicht “Viertel vor”. Nicht besonders konsequent. Wie könnt ihr es also hanebüchen finden, wenn es Viertel zwei ist, aber voll okay damit sein, dass es Dreiviertel zwei ist?
David, der Oberösterreicher: Viertel nach, sonst nix!
“Stell dir vor, es ist Viertel zwei und keiner geht hin.” Ja logisch, es kennt sich ja auch niemand aus, wie spät es jetzt tatsächlich sein soll. Ist es Viertel nach zwei oder Viertel vor zwei? Kann mir das irgendjemand erklären? Im Osten Österreichs jedenfalls nicht. Da sagen sie “Viertel zwei” und setzen voraus, dass alle anderen wissen, was Sache ist, und dann meinen sie damit auch noch Viertel nach eins, und die Verwirrung hat endgültig die Kontrolle übernommen. Und als einzig tragbares Argument für diesen Kauderwelsch kommt dann: “Bei uns war das immer schon so.” Wow. Das Beispiel mit der Sachertorte ist mir persönlich auch unerklärlich. Wenn ich ein Viertel einer Sachertorte verdrücke, dann ist ja ein Viertel weg. Trotzdem – so die Argumentation – soll dadurch ein Viertel einer Stunde dazu kommen – hä?
Bleiben wir beim flapsigen Versuch, die Uhrzeit mit Textaufgaben aus dem Mathematikunterricht zu vergleichen. Wenn ich früher 516 Wassermelonen auf 12 Personen aufteilen musste und ich schrieb als Antwort “43”, dann setzte meine Lehrerin mit ihrem roten Stift ihr “43 was? Zwetschgen, Kartoffeln, Gummienten?” darunter. Und es ist ja auch ganz klar, da fehlt etwas. Genau so auch bei Viertel zwei. Bei Viertel nach eins kennen sich alle aus, ist doch logisch. Das “nach” zeigt es doch an. Es ist Viertel nach ein Uhr. 13 Uhr 15. Da braucht es auch keine weiteren Erklärungsversuche und Ausreden, das ist Fakt. Dass wir im Westen Österreichs trotzdem meistens Dreiviertel sagen und nicht “Viertel vor”, finde ich persönlich auch gar nicht schlimm. Wahrscheinlich gibt es keine logische Erklärung dafür, zumindest fällt mir keine ein, über Halb zwei ist aber auch niemand brüskiert, also warum die Aufregung über Dreiviertel zwei?
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Übrigens, und damit ist die Diskussion nun hoffentlich beendet, auch in anderen Sprachen gibt es kein Viertel eins oder andere Spompernadeln. Im Französischen, im Russischen, im Spanischen, im Türkischen – in all diesen Sprachen spricht man von Viertel nach irgendwas. Der Westen Österreichs spricht halt einfach die Weltsprache, nur der Osten muss wieder aus der Reihe tanzen.
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