9 ausgefallene Ideen für Spaziergänge während des Lockdowns in Wien
Kleine Frischluft-Auszeit gefällig? Dann nichts wie raus mit euch. Mummelt euch ordentlich ein und füllt euch vielleicht sogar einen warmen Tee als Wegzehrung in die Thermoskanne ab. Wir zeigen euch ein paar coole Spaziergänge in Wien, die auch im Lockdown nach draußen locken.
Das Spazierengehen hat in all den Lockdowns einen wahren Höhenflug erlebt: Alle tun es, als wäre es plötzlich das Grundbedürfnis Numero uno, und alle posten es auf Instagram – und wir von 1000things mischen wieder mal kräftig mit. Weil Spazierengehen tatsächlich auch ohne Lockdown eines unserer liebsten Hobbys ist und wir den Hype ums Bananenbrot eh nicht so ganz nachvollziehen konnten, haben wir kleinen hilfsbereiten Vorweihnachtswichtel uns ein paar besonders ausgefallene – ja, manche würden vielleicht sogar sagen: skurrile Spaziergänge in Wien überlegt, die sich während des Lockdowns besonders anbieten.
Wurstelprater
War hier gerade die Rede von Skurrilem? Im Wiener Wurstelprater nimmt es Gestalt an. Besonders, wenn er sich im Herbst und Winter im Dornröschenschlaf befindet, strahlt der leergefegte Vergnügungspark eine besonders eigenwillige Stimmung aus. Wo im Sommer noch adrenalingekickte Gemüter kreischten, wo man sich üblicherweise mit Zuckerwatte und Stelze vollstopft, wo das Freizeitvergnügen zwischen Verzückung und Grusel mäandert, ist jetzt alles still – nichts ist los. Warum also nicht mal in aller Stille einen Ort erkunden, der sonst aus voller Kehle kreischt? Beim Rösthaus, wo sich der Wurstelprater schon in Richtung Messegelände streckt, bekommt ihr übrigens auch während des Lockdowns tollen Kaffee, Patisserie und andere süße Schmankerln zum Mitnehmen.
Böhmischer Prater
So ein Vergnügungspark minus Vergnügung hat schon seinen ganz eigenen Reiz. Deshalb zieht es uns im Lockdown auch immer wieder an den Stadtrand in Richtung Laaer Wald. Ganz unscheinbar zieht sich dort die Vergnügungsmeile, die sicher nicht mal eine Meile misst, durch das Naherholungsgebiet im 10. Bezirk: der böhmische Prater. Er befindet sich ebenfalls im Winterschlaf, zum Staunen gibt es aber dennoch allerhand. Zum Beispiel steht hier Europas ältestes Ringelspiel oder auch eine ausrangierte Tram, die als „Süße Tram“ fungiert und zur Hochsaison im Sommer Süßspeisen aller Art verkauft. Zieht es euch dann doch noch etwas stärker in die Natur, könnt ihr am Ende der Schießbudenstraße in den Laaer Wald und damit in eine herrliche spätherbstliche Kulisse eintauchen. Und auch im Advent gibt es viele Schmankerl to go, wie Langos, Hot Dogs, Baumkuchen und Punsch.
St. Marxer Friedhof
Apropos spätherbstliche Kulisse, apropos skurril: Noch ein Euzerl morbider wird’s etwa am St. Marxer Friedhof im Dritten. Er ist einer der beiden letzten Biedermeier-Friedhöfe Wiens, wurde 1874 geschlossen und dann lange Zeit sich selbst überlassen. Noch heute zeugt die wilde Vegetation davon, wie sich die Natur ihren Raum hier zurückerobert hat. Die ausgetretenen Trampelpfade links und rechts des Hauptweges führen euch im Handumdrehen nicht nur in ein pittoreskes Setting, sondern gefühlt auch im Rückwärtsgang durch die Zeit. Wenn dann auch noch der spätherbstliche Nebel aufzieht, ist die Gänsehautstimmung komplett.
Wiener Wasserweg
Wie wär’s mit einem Ausflug ans Wasser? Zugegeben, die Vorweihnachtszeit ist jetzt nicht unbedingt die Hochsaison für lufttrocknende Badehosen, aber es geht ja in Sachen Wasser auch nicht immer nur ums Planschen. Die Wiener-Wasserweg-App bietet sich etwa als virtueller Tour-Guide entlang der Alten Donau an. Der virtuelle Rundweg erstreckt sich auf insgesamt 13 Kilometer mit 22 Stationen. Hier erfahrt ihr etwa, woher Kaisermühlen seinen Namen hat oder wann die ersten Segel-Regatten auf dem Gewässer stattfanden, kommt vorbei am herbstlichen Ufer, historischen Bädern und Liegewiesen, auf denen sich im Sommer üblicher Weise die Massen tummeln. Besonders cooles Gimmick: In der App sind sogar öffentlich zugängliche WC-Anlagen verzeichnet. Kein Problem also, falls euer selbst mitgebrachter oder beim Bootshaus abgeholter Punsch etwas zu sehr die Blase kitzelt.
Auf den Spuren der alten Römer
In der Innenstadt können wir uns statt an die Ufer der Alten Donau an die Fersen der alten Römer heften. Denn wo heute Donaukanal, Tiefer Graben und Rotenturmstraße verlaufen, lagen damals vermutlich bis zum fünften Jahrhundert nach Christus die Außengrenzen des Legionslagers Vindobona. Innerhalb des heutigen Grabens befand sich die Lagervorstadt, in der die Angehörigen der Soldaten, Händler, Handwerker und Wirte hausten. Am augenscheinlichsten von der Römerzeit zeugen natürlich die Ausgrabungen am Michaelerplatz. Aber auch deutlich subtiler zieht sie sich durch die Innenstadt. Die markante Biegung, mit der die Naglergasse in den Heidenschuss mündet, folgt etwa einer Ecke des Legionslagers. Wo heute der Kohlmarkt in die Tuchlauben übergeht, war damals das Südtor des Lagers. Ja, sogar die Herrengasse ist bis zur Währingerstraße eine Römerstraße oder geht zumindest auf sie zurück. Übrigens genau wie der Rennweg, der ein Teil der römischen Limesstraße war. Unweit der Ruprechtskirche im Ersten erinnern heute noch vor der Theodor-Herzl-Stiege römische Quader an diese Zeit; die Marc-Aurel-Straße huldigt den römischen Kaiser genauso wie sein Gastauftritt auf der Anker-Uhr zwischen ein und zwei Uhr. Wenn ihr zwischen Donaukanal und Rotenturmstraße spaziert, befindet ihr euch also zwangsläufig auf den Spuren der alten Römer, ob ihr wollt oder nicht. Also haltet die Augen offen!
Gans-Lilli-Denkmal in Sievering
Historisch wohl etwas weniger bedeutend, aber dafür umso kurioser sind die Spuren, die eine gewisse Gans im Stadtteil Sievering im 19. Bezirk hinterlassen hat. Gans Lilli thront heute noch als Denkmal verewigt in ihrem Grätzel, und zwar genau da, wo bis 1970 die Straßenbahnlinie 39 endete. Eine erklärende Tafel unter dem Gansl-Konterfei erzählt, dass Lilli hier offenbar gewohnt hat und sich von der Bim so gar nicht beeindrucken ließ. Regelmäßig musste sie der Straßenbahnführer also von den Schienen tragen, um sie nicht versehentlich umzunieten. Heute soll sie als „Symbol der Gemütlichkeit und der dörflichen Ruhe“ in Erinnerung bleiben. Wer ihr einen Besuch abstatten möchte, fährt am besten mit dem 39A bis zur Haltestelle Karthäuserstraße.
Corona-Street-Art-Tour
Doch auch die Zeit, die wir momentan erleben, wird sich sicherlich dauerhaft in künftige Geschichtsbücher einschreiben. Von ihr zeugen immer mehr Graffiti-Kunstwerke, wie etwa am ohnehin bunt besprayten Donaukanal. Auf Höhe der Rossauer Brücke rief deadbeathero etwa zum Händewaschen auf, während Sprayer ruin mit „Dir selbst der Nächste“ an der Wienzeile Hamsterkäufe und Wegwerfgewellschaft thematisiert. Beim Schlendern über den Donaukanal oder der Wienzeile entlang kommen euch sicherlich noch einige weitere coole Kunstwerke unter.
Museum des Hinaufschauens
Wenn die Museen schon momentan nicht begehbar sind, suchen wir uns unsere Kunstwerke eben im urbanen Raum. Und davon gibt es reichlich. Mit ihrem Museum des Hinaufschauens widmen sich Magdalena Hiller und Gabriel Roland etwa der Fassadenkunst des 20. Jahrhunderts. Ob Mosaike oder direkt in den Verputz eingearbeitete Motive – via Instagram teilen sie ihre Fundstücke mit der Öffentlichkeit. So könnt ihr euch ganz bequem eure eigene Ausstellung zusammenstellen und sie etwa am Wochenende abgehen.
Neue Stadtviertel erkunden
Warum die Lockdown-Spaziergänge nicht nutzen, um Wien von einer neuen Seite kennenzulernen? In der Großstadt tut sich immerhin so allerhand – wo noch vor Kurzem Brache war, wachsen beständig neue Grätzel aus dem Boden. Draußen in der Seestadt zeigt sich Wien etwa von seiner futuristischen Seite. Schnappt euch einen Tee oder Kaffee to go und schlendert zwischen modernen Wohnbauten hindurch oder an der Ufer-Promenade des Sees entlang, der dem Stadtteil seinen Namen gibt.
Im Dritten hat sich in den vergangenen Jahren im Viertel Neu Marx die Medienlandschaft angesiedelt. Zwischen T-Mobile-Center und Marxhalle könnt ihr euch die ehemaligen Schlachthofgründe mal genauer ansehen und euch abschließend bei Paul & The Monkeys verschiedene Gerichte oder bloß einen wärmenden Kaffee für den Weg oder zu Hause holen.
Im 2. Bezirk könnt ihr euch anschauen, was sich im Nordbahnviertel inzwischen alles getan hat. Die Bruno-Marek-Allee erstreckt sich auf circa 500 Meter und führt unweit vom Praterstern zum Christine-Nöstlinger-Campus. Breite Gehwege, zahlreiche Schaufenster und Barista-Kaffee zum Mitnehmen vom Cowome sind die idealen Begleiter für euer Flanieren. Wenn’s doch lieber etwas wilder sein soll, könnt ihr am Ende der Allee, nahe der Taborstraße, in Richtung urbanem Brachland abbiegen, das den Charme des Nordbahnviertels ja auch ausmacht. Mit viel Platz spaziert ihr hier durch das wild überwucherte Gelände und kommt an der Leystraße etwa an dem denkmalgeschützten Wasserturm vorbei, der früher mal als Wasserladestelle für Dampfloks diente.
Ideal für eine kurze Auszeit an der frischen Luft sind übrigens auch die Wiener Stadtwanderwege. Was ihr im Lockdown sonst noch alles machen könnt, verraten wir euch in unserer Corona-Liste.